Sri Lanka sei «geradezu schockierend schön gewesen», erzählt der braun gebrannte Mann begeistert. Der Schweizer Alltag hat ihn wieder, doch seine Ferienlaune hält an. Kein Nagewurm des schlechten Gewissens bohrt sich durch die Gedanken des dreifachen Vaters. Oder ist es etwa seine Schuld, dass die Menschheit seine 15 CO2-Tonnen schwere Familienflugreise an diesen paradiesischsten Strand aller paradiesischen Strände mit einem Verlust von 45 Quadratmetern Arktis-Eis bezahlen muss? «Ich kann meinen Kindern doch nicht verbieten, die Welt kennenzulernen!», sagt er.
Und er könnte anfügen, dass man gefälligst die grossen Klimaschädlinge belangen solle, die nur gerade 100 Firmen, die 71 Prozent aller Treibhausgase produzieren. Auch könnte er anfügen, dass es irrational sei, die Verantwortung für den Klimawandel beim Individuum abladen zu wollen. Wirksam seien nicht individueller Verzicht, sondern politische Massnahmen, zum Beispiel eine Kerosinsteuer. Es brauche, so könnte unser Mann im Einklang mit seiner Vernunft fordern, einen Systemwechsel. Weg vom immer Mehr hin zum Weniger.
Steak hier, China dort
Vernünftig und wahr und leider wirkungslos. Denn unsere Vernunft sagt uns auch, dass es unvernünftig wäre, auf das saftige Steak zu verzichten – solange die anderen sich nicht auch zurückhalten. Und einer schert immer aus: der Nachbar mit seinem SUV, die SVP, Donald Trump. Und dann ist da noch China.
Vergessen wir also die sogenannte Vernunft. Handeln wir. Handeln wir trotzdem. Aber nicht aus Kalkül. Nicht weil Treibhausgase negative Folgen für uns Menschen haben, nicht weil sie zu Flüchtlingsströmen, Wassermangel, Ernteausfällen, überfluteten Städten führen.
Aus Liebe zum Faultier
Sondern aus Liebe. Aus Liebe zur Schönheit und Besonderheit und Erhabenheit der arktischen Eisberge und des Aletschgletschers. Aus Liebe zum Blauwal und zur Gelbor-Nachtigall, aus Liebe zum Cecropia-Baum und zum Faultier, zur Roten Waldnelke und zum Scharfen Hahnenfuss.
Denn nein, sie alle sind nicht für uns da. Sie sind einfach da. Wie wir auch. Sie sind Natur. Wir sind Natur. Seien wir besorgt. Uns selber und allem anderen gegenüber, was da wächst, fliesst, blüht, kreucht und fleucht. Tragen wir Sorge. Politisch, wirtschaftlich und nicht zuletzt: individuell. Alles wird gut.
Ursula von Arx liebt würzig reine Luft. Sie tut einiges dafür. Der Versuchung etwa, das Auto zu nehmen, widersteht sie leichtfüssig: Indem sie keines hat. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.