Sie arbeiten auch in den Ferien. Oder betrachten Sie es etwa nicht als Arbeit, sich zu entspannen? Ist es nicht eine mühsame und heroische Herausforderung, den Horizont zu erweitern und sich dabei zwischen dem Matterhorn, einer Indienreise und dem Besuch des Louvre entscheiden zu müssen?
Auch Geniessen ist Arbeit, jedenfalls in den USA: Wenn Sie dort selig am zweitletzten Bissen eines saftigen Texas-Steaks herumkauen, kann es geschehen, dass ein Kellner Sie ungeduldig fragt: «Are you still working on that?» Und ja, natürlich möchten Sie die Arbeit an Ihrem Steak vollenden.
Arbeit, wohin man schaut
Die Bereiche, die wir der Arbeit zurechnen, wurden in letzter Zeit freudig und stetig auf unser ganzes Leben ausgeweitet. Denn was treiben Sie in Ihrer Freizeit? Trainieren Sie den Beckenboden? Stählen Sie Ihre Po-Muskeln? Dann machen Sie «Work-out». Sollte Ihr Po nicht knackig genug geworden sein, müssen Sie eben die Effizienz Ihres «Work-outs» steigern.
Sie haben keinen Job? Dann ist es Ihr «Fulltime-Job», einen zu suchen. Auch Elternsein ist ein «Job», manche behaupten, es sei der härteste der Welt. Gemäss dieser Sichtweise vollbringen Eltern «Erziehungsarbeit», wenn sie ihre Fussball spielenden Kinder für ihr gutes «Teamwork» loben. Beiläufig vermitteln sie ihnen, dass die Schule ihr «Hauptjob» sei. Haben sie schlechte Noten, geben sie ihnen den Tipp, härter zu «arbeiten». Sollten diese Kinder eines Tages heiraten, sind sie bestens darauf vorbereitet, dass für eine erfolgreiche Ehe viel «Beziehungsarbeit» vor ihnen liegt.
Alles Wettbewerb, alles Optimierung
Klar, das Leben ist hart. Und anstrengend. Aber richtig armselig wird es erst, wenn jede menschliche Regung und Bindung als Arbeit betrachtet wird und in den Sog einer wettbewerbsorientierten, leistungsbezogenen Optimierungs- und Wertschätzungsmentalität gerät.
Dabei ist längst nicht alles wichtig und wertvoll, was als Arbeit bezeichnet wird, und es ist nicht alles Arbeit, was wichtig und wertvoll ist. Weder Ihre Kinder noch Ihre Freunde noch Ihre Liebsten würden sich freuen, als «Arbeit» bezeichnet zu werden. Erst recht nicht Sie selbst.
Arbeiten Sie also, wenn Sie zur Arbeit gehen. Sonst nicht. Arbeiten Sie, um zu leben. Nicht umgekehrt. Und geniessen Sie Ihre Ferien. Ferien sind Ferien sind Ferien. Alles wird gut.
Ursula von Arx hält Arbeit für fast so überschätzt wie Ferien. Sie schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.