Wie mehrfach angekündigt, hat Donald Trump erneut Hand an die internationale Sicherheitsarchitektur gelegt. Am Samstag sind die USA aus dem Vertrag über das Verbot nuklearer Mittelstreckenraketen ausgestiegen. Die Entscheidung wird zum 1. Juli 2019 wirksam.
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gehören Waffensysteme mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern.
Immerhin will sich der Präsident für ein «grosses und wunderschönes neues Abkommen» einsetzen. Aber seine Chancen dafür stehen nicht gut.
Im Dezember 1987 hatten Präsident Ronald Reagan und der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow das Abkommen über Intermediate-Range Nuclear Forces (INF) unterzeichnet. Es untersagte den beiden Weltmächten die Entwicklung und den Besitz landgestützter Mittelstreckenraketen und Marschflugkörper.
Vier Jahre später war mit dem Abzug der letzten amerikanischen Pershing-II-Rakete und ihres sowjetischen Pendants SS20 aus Europa der Kalte Krieg de facto beendet.
Jetzt aber hat Moskau einen neuen Marschflugkörper entwickelt. Die offizielle Reichweite des bei der Nato unter dem Code SSC-8 geführten Waffensystems liegt bei nur 480 Kilometern. Weil Russland sich bislang weigerte, die Zweifel des Pentagons und der Nato über diese Angaben auszuräumen, hat Trump den INF-Vertrag gekündigt.
Der «Dealmaker» Trump hat sich einmal mehr verzockt. Anstatt zu kuschen, ist der Kreml aus dem INF ausgestiegen. Damit droht plötzlich ein neuer nuklearer Rüstungswettlauf. Wie schon in der Vergangenheit wird Europa auch diesmal wieder die Bühne dieses Konflikts sein. Bereits verlangt Polens Aussenminister Jacek Czaputowicz die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen samt Atomsprengköpfen in Europa.
Dabei war Trumps Kritik am INF im Kern ja durchaus berechtigt. Die Welt hat sich seit dem Ende des Kalten Kriegs dramatisch verändert. Neben den USA und Russland verfügen heute die aufstrebende Weltmacht China, aber auch Länder wie Indien, Pakistan, der Iran und Nordkorea über einsatzbereite Mittelstreckensysteme. Bis auf den Iran sind alle nuklear bewaffnet. Das Problem: Ohne substanzielle Gegenleistungen wäre wohl keiner dieser Staaten bereit, auf diese Waffen zu verzichten.
Alles richtig, Problem erkannt. Nur sind dem «America first»-Präsidenten geostrategisches Denken, komplizierte Details und die Kunst des Kompromisses ein Graus. Statt um Friedenspolitik geht es Trump allein um die Wiederwahl ins Weisse Haus.
Sorry, Mr. President – aber so ganz ohne politische Substanz sind Glanz und Gloria nicht zu haben.