Wird man gross, ganz gross sogar, wenn man täglich mit dem grossen, sogar mit dem ganz grossen Geld zu tun hat? Diesen Eindruck erwecken Bankmenschen gern – einerseits. Anderseits erwecken sie diesen Eindruck äusserst ungern, wenn ihre Boni-gedopten Gehälter ins Gerede geraten.
Gerechterweise sollte man Big Bankern aber auch nicht einfach jede Grösse absprechen, obzwar die Wirren um die Credit Suisse und ihre allerobersten Kader genau diesen Eindruck erwecken. Eine kleine, böse Geschichte über kleine, böse Knaben, die sich, wie Pennäler das gerne tun, beinahe verprügelt hätten, wirft befremdliche Schatten auf den Geld-Glanz, der Grossbanken sonst zu umgeben pflegt.
Es wäre also nicht völlig verkehrt, von einer Posse zu sprechen. Doch die Affäre hat sich zur Tragödie gewendet: Ein Mensch ist zu Tode gekommen – durch Selbstmord aus Verzweiflung über das Geschehen, in dem er eine Mittlerrolle spielte. Vielleicht war er ja der einzige einigermassen Erwachsene, der einzige Grosse im Spiel der Kleinen.
Macht sein Schicksal den Streit zwischen zwei Credit-Suisse-Spitzen-kräfte irgendwie typisch für die Credit Suisse? Lässt sich irgendeine grundsätzliche Erkenntnis ableiten aus dem kindischen Konflikt zwischen CS-Chef Thiam und seinem Konkurrenten Khan?
Nur mal angenommen, der Adelsspross von der Elfenbeinküste habe sich irritiert gezeigt über den nachdrängenden pakistanischen Aufsteiger aus dem Arbeiterquartier: Die Erzählung würde für die Bank auch dadurch nicht bedeutender. Dergleichen pflegt sich zu ereignen: Männer beissen sich um die Wette nach oben, beissen sich um die Wette weg – statt Stutenbeissen eben Hengstbeissen.
Männer sind auch nur Frauen. Und umgekehrt.
Ist dadurch der Ruf der Bank beschädigt, in der sich solcherlei zugetragen hat? Die CS ist in aller Munde. Das ja. Die Anleger spielen damit ihr Spiel an der Börse. Das auch. Die mediale Erregung schafft die dramatische Kulisse für ein Schauspiel der ganz gewöhnlichen Art: den Streit zwischen zwei Berufsfreunden, die sich irgendwann einfach nicht mehr ausstehen konnten, weshalb sie nun getrennte Wege gehen.
Wäre da nicht die Detektei, die Khan bespitzelte, dieses Welt-Talent des Bankgeschäfts, und zwar im Auftrag der Credit Suisse. Man hegte in deren nobelster Etage den Verdacht, der Rausgedrängte werde weitere Kollegen abwerben, millionenteures Humankapital. Leider dilettierte die Detektei – und der Krimi mit tödlichem Ausgang war geschrieben.
Aber lehrt uns diese Wendung zum Allerschlimmsten Wissenswertes über das Bankengeschäft im Allgemeinen oder die Täter-Bank im Besonderen? Öffnet sich vor den Augen der Öffentlichkeit gar ein Abgrund von Amoral – typisch für die Bankenwelt?
Wer wirft den ersten Stein?
Der Fall CS ist ein menschliches Desaster. Sein Auslöser war banales charakterliches Versagen. Voll von peinlichen Fehlern bei dem Versuch zu erklären, aufzuklären, auch zu verklären.
Jeder Beobachter hätte es – natürlich! – besser gewusst, besser gemacht, insbesondere selbstverständlich jeder Journalist, um auch die Kaste der gerade hoch erregten Berufs-Besserwisser zu erwähnen.
Zwei Entlassungen verfügte die CS mittlerweile. Immerhin. Es hätten auch drei sein können. Sogar der Kopf des Königs wackelte, wie Whistleblower wissen wollen. Doch er hat ihn behalten. Womöglich zu Recht. Die Randale reicht nicht zum radikalen Schnitt.
Darum bleibt zum Schluss und wohl oder übel, was solchen Fällen angemessen ist: Nichts Menschliches sei uns fremd.