Frank A. Meyer - die Kolumne
Dringender Hinweis

Publiziert: 10.02.2019 um 12:02 Uhr
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Aktualisiert: 05.03.2019 um 16:00 Uhr
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Frank A. MeyerPublizist

«Der Klimawandel ist zu einer Ersatzreligion geworden», schrieb Giu­seppe Gracia am Montag in seiner BLICK-Kolumne. Für das Malaise des Kollegen ist Verständnis geboten. Er verfasst nämlich nicht nur Romane, er amtet vor allem als Medien­beauftragter des Bistums Chur. Damit ist eine Ersatzreligion für ihn natürlich erst mal eine Konkurrenzreligion.

Aber so ganz und gar unrecht hat Giuseppe Gracia trotzdem nicht. Dem ­Bürger wird täglich das ­Bekenntnis zur Umwelt ­abverlangt, bei allem Tun, beispielsweise beim Einkauf, und erst recht bei ­allem Lassen, beispiels­weise beim Verzicht auf das Auto. Religionen ­erleuchten nun mal mit Leidenschaft jeden dunklen Winkel unserer Existenz.

Und was eine richtige Religion ist, hat selbstverständlich auch Apostel. Die Umweltbewegung verfügt über die süsseste Apostelin seit den Ur-Aposteln: die sechzehnjährige Schwedin Greta Thunberg. Sie reist gerade durch die Welt, um ebendiese zu retten – natürlich vor der Klimakatastrophe. Edleres Tun ist kaum denkbar.

Gretas Mission folgen inzwischen ­Jugendliche in vielen Ländern der westlichen Welt. Man darf getrost von einem Kinder-Klima-Kreuzzug sprechen. Auch solche Erscheinungen gehören zu einer Religion, die ernst genommen werden will. Der konservative Katholik Giuseppe Gracia müsste dafür eigentlich Verständnis zeigen.

Zeigt er aber nicht. Im Gegenteil, er zieht in Zweifel, woran die jungen Menschen glauben und wogegen sie protestieren: «Die Ursachen des Klimawandels sind wissenschaftlich längst nicht so klar, wie man gerne suggeriert», ätzt Giuseppe Gracia. Um seine Skepsis gegenüber der Mehrheit der Klimawissenschaftler zu untermauern, beruft er sich auf vier Minderheits-Klimawissenschaftler.

So funktioniert Wissenschaft: Was eine Unzahl von Forschern feststellt, wird von einer kleinen Zahl von Forschern infrage gestellt. Eine abweichende Meinung zu äussern, ist nicht nur dem eigenen Professoren-Profil zuträglich, es ist auch grundsätzlich sinnvoll, fordert man so doch die Forscher-Mehrheit he­raus, zu begründen, zu überprüfen, zu diskutieren.

Wie aber soll man es nun als Bürger halten? Bei klimaschonender Zimmertemperatur abwarten und ökologisch korrekt angebauten Tee trinken – bis sich die Klima-Wahrheit auch für die Klima-Zweifler herausstellt? Das klingt verführerisch, weil bequem. Und wäre fatal. Denn wenn die wissenschaftliche Wahrheit in dieser Frage unwiderlegbar in Form von Fakten vorliegt, ist die Klimakatastrophe Wirklichkeit.

Die Überprüfbarkeit des Klima-Kollapses ist identisch mit dem Klima-Kollaps selbst.

Wenn sich dann die Gra­cias dieser Welt an den Kopf fassen ob all der Zweifel, die sie über den Klimawandel in Umlauf gebracht haben, dann ist es für eine Umkehr endgültig zu spät.

Darum wären intelligente Menschen, denen die Klima-Religiosität missfällt, dringend darauf hinzuweisen, dass in diesem ganz besonderen Fall nicht mit Versuch und Irrtum herumgespielt werden sollte. Denn es gibt nur eine Haltung, die der Vernunft gerecht wird:

Auch im Zweifel für das Klima – den Klimaschutz, die Klimarettung!

Und für den Kinder-Klima-Kreuzzug.

Die politische Mitte, ein «Unort»
7:02
«frank & frei»:Die politische Mitte, ein «Unort»
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