Frank A. Meyer – die Kolumne
Gesinde

Publiziert: 07.04.2019 um 11:57 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2019 um 11:58 Uhr
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Frank A. MeyerPublizist

Folgende Überschrift trug diese Woche ein Kommentar der «Neuen Zürcher Zeitung»: «Die Blocherpartei im ­Krisenmodus».

Die Blocherpartei? Was das ist, weiss ­jedermann: die Schweizerische Volkspartei. Blocher und die SVP sind ein und dasselbe. Soeben wurde diese Einheit von Person und Partei erneut vorgeführt: «Blocher räumt bei der Zürcher SVP auf», verkündete der «Tages-Anzeiger» auf Seite eins. Auch von «Blochers Eingriff» ist im Zürcher Blatt zu lesen.

Ein Mann greift ein – und verjagt die Führung einer Kantonalpartei, weil sie die Wahlen verloren hat?

In der SVP ist das normal, seit Jahren schon. Christoph Blocher verfügt über die Partei wie ein Feudalherr über Gut und ­Gesinde.

Parteimitglieder – Gesinde?

Wie benehmen sich die Mitglieder der SVP? Ihre Politiker, die Nationalräte, die Ständeräte? Mucken sie auf? Fordern sie Diskussion? Mitbestimmung gar? Rufen sie, mit Blick auf den Zürcher Blocher-Putsch: «Jetzt reichts!»? Nichts davon. Nicht heute, nicht gestern, nicht vorgestern.

Ja, so benimmt sich Gesinde.

Die SVPler sehen sich selbstverständlich ganz anders: als gestandene «Manne», allenfalls «Froue». So stehen sie gerne vor das Volk – ihr Volk natürlich: breitbeinig, mit geblähter Brust, im Herzen die Botschaft des Bundesbriefes von 1291: «Wir wollen frei sein, wie die Väter waren.»

Doch in dieser Partei ist nur einer wirklich frei, redet nur einer, wonach ihm der Sinn steht, verfügt nur einer, was zu tun und zu lassen ist: ER – der Gebieter über deren Geschicke.

Ein stolzes Bild bietet dieser Parteiführer, diese «Jahrhundertfigur», wie ihn sein journalistischer Leibdiener jüngst nannte. Ein trauriges Bild hingegen bietet diese Volkspartei, die «Blocherpartei», wie sie genannt werden darf, genannt werden muss, zählt sie doch zum Besitz des Milliardärs.

Ja, die Schweiz hat ihre Oligarchenpartei, wie man sie sonst nur aus den illiberalen Demokratien Osteuropas kennt.

Für die SVP ist jeder ein Gessler, der ihre Sicht der Dinge nicht teilt: von der EU, diesem Erzfeind, diesem Habsburger-Ersatz, bis hin zum Schweizer Bundesgericht. Gegen böse Mächte erweist sich die grösste Partei der Schweiz als widerständig. Und damit als verdienstvoll anregend für
die republikanische Debatte.

Hüte grüsst die SVP nicht, schon gar nicht fremde.

Wo aber findet sich dieser Geist, wenn es um die Partei selber geht? Der libertäre, ungestüm ­widerspenstige Schweizergeist? Wo, wo, wo?

Eifrig und ehrerbietig grüssen die SVP-Eidgenossen den einen Hut: den Hut ihres Herrn.

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