Fix zur Gesellschaft
Streaming – legal, illegal? Scheissegal!

Die Zeit der Videotheken ist vorbei, unsere Autorin erinnert sich aber gerne an die schmuddeligen Räume. Sie ist Teil einer Generation, die sich gewohnt ist, im Netz alles zu kriegen, sofort! Informationen, Schuhe, Serien. Wehe, wenn nicht!
Publiziert: 21.09.2019 um 14:56 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2019 um 19:08 Uhr
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Alexandra Fitz, stv. Leiterin SonntagsBlick Magazin
Foto: Thomas Meier
Alexandra Fitz

Bei uns gabs zwei Videotheken. Also nicht bei uns zu Hause. Wobei, wenn ich an die vielen Teenie-Film­abende denke, hätte das bei uns daheim durchaus kommerziell sein können. Ich mein, bei uns im Ländle. Wirklich wahr, zwei. Billy und Peter. Der ­Inhaber der einen, Peter, war eine Institution. Er hatte so viel Sitzfleisch, dass er sich selten vom Sessel erhob. Das verschaffte uns Zeit, bei Filmen zu verweilen, bei denen wir nichts zu ­suchen hatten. Dann kam Billy. Ein paar ­Kilometer weiter, modernder, grösser – ­inklusive Vorhang mit einem «Unter 18 verboten»-Schild. Ich erinnere mich gerne daran. Die leicht schmuddeligen Räume, das lange Suchen für ­einen (!) Film, das Zelebrieren beim Schauen und ans Nachzahlen, wenn man die Kassette zu lange behielt.

Heute gibts weder Peter noch Billy. Wir wissen ­warum. Wie verheerend sich das auf unseren Filmkonsum auswirkt, wurde mir letztens wieder klar. Es war 23 Uhr. Ich dachte an vieles – ausser an schlafen. (Sorry, Chef, ich geh nicht immer so spät ins Bett!) Konkret dachte ich an eine Serie, die ich unbedingt schauen wollte. Und zwar just zu dem Zeitpunkt. Die beiden Streamingdienste, für die ich zahle, hatten sie nicht im Angebot. So durchforstete ich verzweifelt das ganze Netz. Streaming – legal, illegal, scheiss­egal (übrigens ein Song der deutschen Punkband Slime). Dabei wurde mir bewusst, wie weit man geht, wenn man etwas unbedingt will. Wie weit die Kultur der ständigen Verfügbarkeit vorgedrungen ist. Ich bin Teil einer Generation, die sich gewohnt ist, im Netz alles zu kriegen, sofort! Informationen, Schuhe, Serien.

Meine Augen waren schon fast zu. Trotzdem ­eröffnete ich zwei neue Accounts bei anderen ­Anbietern. Gab im Halbdunkel meine Kreditkarten­details ein und glaubte mich jedes Mal kurz vor dem Ziel – also kurz vor «Play». Doch es kam immer anders: «Serie in diesem Land nicht verfügbar.» Natürlich kam die Meldung erst nach Abschluss des Abos. Dann fand ich ein Zwei-Wochen-Gratis-Angebot bei einem Schweizer Dienst. Endlich. Während das ­Intro der Serie lief, versuchte ich krampfhaft im Kopf zu ­behalten, dass ich die Mitgliedschaft am nächsten Tag gleich ­wieder kündigen muss. Dann schlummerte ich weg. Tssssss ... 

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