Fix zur Gesellschaft
Alkoholproblem. Smiley!

"Gratis zum Mitnehmen" steht auf dem Schrott an der Strasse. Unsere Autorin verschenkt Wein im Treppenhaus. Weil es erschreckenderweise Leute gibt, die Wein für Fr. 2.90 und Moscato Spumante verschenken.
Publiziert: 05.02.2019 um 20:24 Uhr
|
Aktualisiert: 21.10.2022 um 11:08 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
Alexandra Fitz, stv. Leiterin SonntagsBlick Magazin
kinheitsgerichte4_Mitarbeieter_34.JPG
Alexandra FitzCo-Ressortleiterin Gesellschaft

Ich mag es nicht, wenn meine Nachbarn oder irgendwer Sachen, die für unbrauchbar befunden werden (meistens finden die anderen es dann imfall auch unbrauchbar), vor die Tür stellen. «Gratis zum Mitnehmen!», steht dann dran. Pfff, denke ich, zahlen würd ich dafür eh nichts. Nun gut. Jetzt habe ich es auch getan. Im Hauseingang, unten an der Treppe. Nur für Hausbewohner, also keine Gefahr des Vermüllens und Verschandelns des Strassenbildes. Ich hab meinen – und das klingt jetzt etwas arg – Alkoholschrank ausgemistet. Es ist ein alter Bauernschrank aus Bern, Tante Emma hatte ihn bemalt. Sie ist nicht meine Tante, sondern die des älteren Herrn, der ins Altersheim zog und dem ich den Schrank abkaufte. Im Schrank waren zuletzt fünf Weine, die da drin auch bleiben würden, bis ich ins Altersheim zöge. Ich hatte sie in eine hübsche Tüte gestellt.

Es sind Weine, die ich geschenkt bekam. Klammerbemerkung: Wie kann jemand allen Ernstes zu einer Einladung einen Wein für Fr. 2.90 bringen? Dann bitte lieber ein Blüemli vom Wegrand. Und wie kann mir jemand allen Ernstes einen «Moscato Spumante» – prickelnd, fruchtig-süss – schenken? Ich bin doch keine 16 mehr! Geschmäcker sind verschieden, also standen meine aussortierten Flaschen nun da, begleitet von einem Zettel: «Zum Verschenken wegen Alkoholproblem». Ich hatte natürlich noch einen dieser Smileys dazu gezeichnet. Ich verliess das Haus. Bereits um 8.20 Uhr schrieb meine Schwester, die oberhalb wohnt: «Alkoholproblem oder Moscato, den du nicht trinkst?» Natürlich auch ein Smiley. Man kennt sich halt. Meine Antwort: «Hahaha, du hast reingeschaut!» Auch mit Smiley. Um 8.53 Uhr kam ein WhatsApp ihres Freundes, der auch da lebt. Er schickte ein Foto meiner Weintüte und die Frage: «Du?» Meine Antwort: «Dann ist mein Problem aber wirklich akut, wenn du das gleich errätst.» Smiley.

Am nächsten Morgen sah ich bereits von den letzten Treppenstufen aus, dass die Tüte weg war. Aber mein Zettel klebte noch da. Am Sockel oberhalb des Bodens. Nein, keiner ist so dreist, nimmt den Wein und räumt den Zettel nicht weg. Wir sind ein tolles Haus. Die einen wurden zu guten Freunden, die anderen gehören ja zur Familie. Ich nähere mich meinem Zettel. Es ist die Rückseite: «Danke für den Wein. Jetzt habe ich ein Problem.» Mit Smiley natürlich.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?