Manchmal hat man den Eindruck, die Schweiz sei bisher mehr dank Glück als Verstand so gut durch diese Pandemie gekommen.
Jedenfalls lässt es einen ratlos zurück, wieso der Bundesrat immer erst das nächste Notfallszenario (einen zweiten Lockdown) vor Augen haben muss, bevor er sich zum Handeln aufraffen kann. So geschehen bei der Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr, den die wissenschaftliche Taskforce Wochen zuvor empfohlen hatte. Und zu dem sich der Bundesrat erst durchringen konnte, als die Fallzahlen wieder in die Höhe gingen.
Dasselbe Szenario wiederholt sich bei der Quarantäne für Einreisende aus Risikoländern. Auch hier warnten Epidemiologen seit Juni davor, dass die Grenzöffnungen zu neuen Infektionsherden führen könnten. Die Taskforce hatte Empfehlungen erlassen – Temperaturmessungen am Flughafen, Ausfüllen eines Kurzformulars zu allfälligen Symptomen, konsequentes Testen aller Einreisenden –, die der Bundesrat grosszügig überging.
Stattdessen öffnete die Regierung die Grenzen – und gab gleichzeitig die Verantwortung an die Kantone ab. Diese sind mit der Aufgabe ganz offensichtlich überfordert, wie sich diese Woche zeigte. So fehlen ihnen etwa die Passagierlisten all jener, die per Flugzeug oder Bus aus Risikoländern kommen.
«Gouverner, c’est prévoir», heisst es so schön. Doch allzu viel Voraussicht legt der Bundesrat derzeit nicht an den Tag. Im Gegenteil: Viel zu oft scheint es, als würde die Regierung von den Konsequenzen ihres eigenen Entscheids überrascht.