Editorial über Trumps Zollkrieg gegen die Pharma
Wer verteidigt den Schweizer Standort?

Die Schweizer Wirtschaft steht massiv unter Druck der USA. Jetzt braucht es die ganze Kraft von Unternehmen und Staat. Umso mehr irritieren Äusserungen des Novartis-Chefs mit dem US-Pass.
Publiziert: 00:02 Uhr
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Reza Rafi, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Philippe Rossier
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

In Bern buhlen zwei bedeutende Wirtschaftsstandorte um die Gunst der Landesregierung: Zürich und Basel. National- und Ständeräte aus der Limmatstadt weibeln für Milde im Umgang mit der UBS; Parlamentarier vom Rheinknie lobbyieren für etwas mehr Grosszügigkeit gegenüber den Pharmakonzernen. Bislang steht es 0:0. Beide Interessengruppen scheiterten am Bundesrat.

Die Parallelen sind augenfällig: Um die Grossbank kursieren Gerüchte über einen Wegzug in Richtung New York, im Fall von Roche und Novartis droht die schrittweise Verlagerung in die USA, befeuert von Donald Trumps aggressiver Zollpolitik gegen die Schweiz und ihre Pharmaindustrie, die er mit 100 Prozent Zöllen belasten will. Die Alpenrepublik muss zusehen, wie gerade zwei Säulen ihres Wohlstands ins Wanken geraten. Das bedeutet zwar noch nicht den Untergang, ist aber ein Menetekel für das Erfolgsmodell. 

Welcher Stellenwert in diesem Powerplay der Schweiz und ihrer Bevölkerung zukommt, offenbart ein Interview, das Novartis-CEO Vas Narasimhan am Montag der «NZZ» gegeben hat. In derselben Woche, in der der Mittelstand die Hiobsbotschaft über einen neuerlichen Anstieg der Krankenkassenprämien über sich ergehen lassen musste, verkündete der Pharma-König seine Kampfansage: «Insbesondere in der Schweiz sind die Medikamentenpreise viel zu tief.» 

Umso einfühlsamer verteidigt der US-Bürger Narasimhan das Portemonnaie seiner Landsleute: «Wir arbeiten mit der Regierung zusammen und versuchen, konstruktive Lösungen zu finden, damit die Amerikaner weniger für ihre Medikamente bezahlen müssen.» Um dies zu belegen, berichtet er stolz von geplanten 23 Milliarden Dollar Investitionen in seinem Heimatland.

Natürlich sind die Äusserungen des Topmanagers auch taktisch – er weiss, dass Washington mitliest. Die Nonchalance aber, mit der man nun auch noch die Schweizer Versicherten schröpfen will, damit Novartis weiterhin einen jährlichen Reingewinn von fast zwölf Milliarden Dollar erzielen kann, verblüfft. Erst recht, wenn man bedenkt, dass die Platzhirsche Roche und Novartis bei der US-Regierung Ausnahmen ausgehandelt haben. 

Anfang Woche trafen sich die Spitzen der Schweizer Pharmabranche mit dem Bund zum runden Tisch. Nur einer glänzte mit Abwesenheit: Vas Narasimhan.

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