Editorial über die Personalentscheide im VBS
Endlich ein bisschen Langeweile!

Mit der neuen Weltlage ist die Gemütlichkeit für die Schweiz vorbei. Im Bundesrat herrscht Nervosität. Umso besser, wenn zwei Schlüsselposten ohne Misstöne besetzt werden.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2025 um 22:22 Uhr
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Reza Rafi, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Philippe Rossier
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Es gibt auch wohltuende Signale aus Bundesbern. Der bislang angenehm unspektakuläre VBS-Vorsteher Martin Pfister hat am Freitag einen angenehm unspektakulären Armeechef und einen angenehm unspektakulären Geheimdienstchef ernannt. Die beiden Personalien sind ein undankbarer Fall für uns Medien, die von Skandalen und Skandälchen leben, aber das richtige Signal für das Land: Langeweile ist ein Gütesiegel für stabile Wohlstandsgesellschaften.

Beide frisch Ernannten, Armeechef Benedikt Roos und NDB-Chef Serge Bavaud, müssen einen Laden in Ordnung bringen, der unter der Ägide von Pfisters Vorgängerinnen und Vorgängern in Schieflage geraten war. 

Ansonsten herrscht in der Landesregierung derzeit Nervosität. Der Bundesrat fällt mit eher abenteuerlichen Volten auf – was man ihm nicht vorwerfen kann: Das Land muss sich in Zeiten höchster Unsicherheit mit einem unberechenbaren US-Präsidenten und mit einer höchst volatilen europäischen Sicherheitslage zurechtfinden. 

Dass Wirtschaftsminister Guy Parmelin im Zollstreit mit den USA unter anderem auf den Rat von Fifa-Präsident Gianni Infantino setzt, wirkt nach aussen eher hilflos. Der Fussball-Cheffunktionär ist bislang nicht mit schweizfreundlichen Gesten aufgefallen, im Gegenteil: Unter seiner Ägide hat der Weltverband schrittweise den helvetischen Fifa-Standort geschwächt. Und Infantino soll uns jetzt den Segen bringen? Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Was Trump für die Schweizer Wirtschaft ist, ist Wladimir Putin für die europäische Sicherheitspolitik. Im polnischen Luftraum wurden Drohnen aus Russland abgefangen; dieses Wochenende führen Russland und Belarus das Mega-Manöver Sapad 2025 durch. Die Nato wirkt angesichts solcher Provokationen impotent. Die Amerikaner unter Trump wiederum lassen durchblicken, wie tief Europa auf ihrer Prioritätenliste steht.

Die Schweiz konnte sich über Jahrzehnte dank ihrer geografischen Lage im Herzen des Kontinents in Sicherheit wähnen. Die Gemütlichkeit scheint in der neuen Weltlage vorbei.

Weshalb wir froh sind um jedes bisschen Langeweile.

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