Die weltpolitische Stimmung lässt sich auf fünf Buchstaben verdichten: «Daddy» – zu Deutsch: Papi. So titulierte Mark Rutte, Generalsekretär der Nato, den US-Präsidenten halb scherzhaft am Gipfel in Den Haag. Zuvor hatte ihn der niederländische Chef des weltweit mächtigsten Militärbündnisses mit einem salbungsvollen SMS umgarnt («Herr Präsident, lieber Donald»).
Anlass war Trumps entschlossenes Vorgehen im Zwölf-Tage-Krieg zwischen Israel und Iran.
Sein Angriff mit bunkerbrechenden Bomben auf die Nuklearanlagen der Mullahdiktatur erfolgte genauso überraschend, wie ihn der Commander-in-Chief wieder beendete. Mit der Operation «Midnight Hammer» haben die Amerikaner ohne weitere Eskalation in einer Gegend den Kompass gerichtet, in der Politik nicht viel mehr als die Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln ist.
Der US-Präsident reizt den eigenen Spielraum stets maximal aus – innenpolitisch überschreitet er ihn zuweilen bis ins Autoritäre. Mit seinem Urteil vom Freitag gewährte ihm das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten nun sogar noch mehr Freiheiten mit seinen «Executive Orders».
Trumps Regierungsstil liesse sich als politisches ADHS beschreiben – was Amerikas Partner in Schnappatmung versetzt. Der einzig gangbare Weg im Umgang mit dem Mann im Oval Office scheint darin zu bestehen, ihn ständig bei Laune zu halten. Der Schweizer Bundesrat hat nach dem Zoll-Schock eine Kostprobe davon gegeben. Im Gravitationsbereich des MAGA-Anführers schrumpfen Regierungschefs zu Bittstellern, kritische Geister zu Claqueuren. Trumps Druck wirkt – Europas Verteidigungsausgaben steigen markant, nachdem dies zuvor jahrelang als politische Träumerei galt.
Einen erfreulichen Effekt hat die neue Hackordnung im Verhältnis zu den Autokratien zwischen Moskau und Peking, ja zur unfreien Welt überhaupt: Der Westen steht heute so geschlossen da wie lange nicht mehr. Unter den Fittichen von Daddy.