Zwei Gegenstände haben es in den letzten Wochen aus einer SonntagsBlick-Schlagzeile hinaus in die weite Welt geschafft: eine Rolex-Uhr und ein Goldbarren. Anfang November hatte eine Gruppe von Wirtschaftsführern diese Utensilien bei ihrem Besuch im Weissen Haus dem US-Präsidenten Donald Trump überreicht. Seither gelten sie als Symbole für einen der moralisch schlimmsten Vorwürfe in der Politik: Käuflichkeit. Wer diesen Stempel aufgedrückt bekommt, gilt als unglaubwürdig, unredlich, korrupt.
Aus der Kultur gibt es Tadel. «Die Schweiz ist ein Vasallenstaat der USA», findet Schriftsteller Lukas Bärfuss. Regisseur Milo Rau doppelte in den Tamedia-Zeitungen mit einem Urteil nach, so schrill wie zeitgenössisches Theater sein kann: «Die Schweiz als Sexarbeiterin. Käuflichkeit als nationale Ideologie.»
Was für ein Bild! Ist die Schweiz eine Prostituierte? Ein leichtes Mädchen, das jedem Arthrosenkavalier auf den Leim kriecht? Die Eidgenossenschaft als Hure Babylon?
Gemach. So sehr uns dieser Gabenkult im goldverzierten Oval Office irritieren mag – was hätten die Besucher anderes tun sollen? Mit leeren Händen erscheinen? Donald Trump einen Früchtekorb überreichen? Mit grosser Sicherheit wäre auch dann Kritik ertönt. Vor allem wird die Reduktion auf die Mitbringsel der langen, zeitintensiven Arbeit nicht gerecht, die für den 60-minütigen Besuch im Weissen Haus geleistet wurde.
Immerhin – der 39-Prozent-Albtraum ist vorbei. Mit einem 15-Prozent-Zolltarif scheint das kleinere Übel in Reichweite. Und endlich herrscht nach dem Schock wieder Bewegung. Zumal vergessen geht, dass die internationalen Beziehungen durchdrungen sind von klandestinen Deals und Gegengeschäften. Staat A bestellt Rüstung bei Staat B, der sich wiederum mit einem Support von Staat A in der nächsten Uno-Abstimmung revanchiert.
So gesehen sind Rolex-Uhr und Goldbarren noch die transparenteste Form von diplomatischer Einflussnahme. Und die günstigste.