Der Aufschrei meiner Freundin hallt durchs Bauhaus in Dessau (D). Sie hat im Museumsshop die Kaffeemaschine von Wilhelm Wagenfeld entdeckt – ein raffiniertes Gerät aus feuerfestem Glas: In die untere Kugel kommt Wasser, in die obere Kaffeepulver. Auf dem Herd erhitzt, steigt das Wasser nach oben, vermischt sich mit dem Pulver und wird – von der heissen Platte genommen – wegen des Vakuums durchs Sieb nach unten gezogen. Fertig ist eine Kanne feinsten Kaffees!
1926 stellten die Jenaer Glaswerke Schott das Gerät erstmals vor, Bauhaus-Mitarbeiter wie Gerhard Marcks und Wilhelm Wagenfeld formten es: ein Design-Klassiker, der bei uns zu Hause jeden Sonntagmorgen zum Einsatz kommt – heute mit besonderer Ehrfurcht, denn das Bauhaus feiert gerade den 100. Geburtstag.
Seine Häuser, Möbel, Küchengeräte zeichnen sich durch klare, praktische Linien aus. 1933 von den Nazis zur Aufgabe gezwungen, prägt die deutsche Kunstschule mit ihren Formen noch heute unser Leben. Und das nicht nur in teuren Shops, sondern auch bei Ikea und Co. Gutes Design ist dank Bauhaus keine Geldfrage mehr.
Die historischen Bauhaus-Entwürfe mögen vielleicht nicht mehr ganz unseren Anforderungen entsprechen – Wohnung zu klein, Stuhl zu hart, Kaffeemaschine zu fragil: Das Vorgängermodell war beim Abwasch tatsächlich zu Bruch gegangen, daher der Freudenschrei in Dessau. Zwar dauert die Zubereitung länger als mit neumodischen Kapselkaffeemaschinen. Aber das Bauhaus-Modell verursacht nur kompostierbaren
Abfall – das liegt voll im Trend!