Berner Platte – die SonntagsBlick-Kolumne
Das Wunder der Tiefsee

Aline Trede über die letzte unerforschte Gegend der Erde – und deren Gefährdung durch die Weltpolitik.
Publiziert: 20.04.2025 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2025 um 19:07 Uhr
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In der Tiefsee werden viele Bodenschätze vermutet.
Foto: imago/Jochen Tack
Aline Trede

Die Tiefsee war lange Zeit nicht erforscht, und noch immer wissen wir nicht, welche wunderbaren Wesen dort unten leben. In absoluter Dunkelheit. Fachleute schätzen, dass eine grosse Mehrheit aller Tierarten weltweit in der Tiefsee leben könnte.

Seien es Fische mit einer eigenen Laterne oder lebende Fossilien – sie lösen bei uns allen eine unglaubliche Faszination aus. Sie werden in Ruhe gelassen, weil wir nicht so einfach dorthin gelangen.

Und das ist auch gut so. Denn in letzter Zeit wächst der Druck auf die seltenen Erden und die Bodenschätze der Tiefsee wieder vermehrt. So ist der Bedarf nach Kobalt, Nickel oder Mangan aufgrund der Nachfrage nach modernen Technologien rasant gestiegen.

Die Tiefsee gilt als Gebiet, das als gemeinsames Erbe der Menschheit deklariert ist. Es umfasst rund zwei Drittel der Weltmeere. Verwaltet wird es von der ISA, der Internationalen Meeresbodenbehörde, mit Sitz in Kingston, Jamaika. Die ISA hat eine doppelte Aufgabe: Zum einen soll sie innerhalb des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen Regularien für den Abbau von Mineralstoffen entwickeln, eine Erarbeitung eines sogenannten «Mining Code».

Zum anderen soll die ISA sicherstellen, dass die Tiefsee vor schädlichen Auswirkungen solcher Aktivitäten geschützt wird. Auch die Schweiz ist Mitglied der ISA und wird durch das SSA, das Schweizerische Seeschifffahrtsamt, vertreten.

In der aktuellen maritimen Strategie hat sich die Schweiz klar zu einem Moratorium beim Tiefseebergbau ausgesprochen. Die Europäische Kommission und rund zwei Dutzend Staaten auf der ganzen Welt unterstützen ein Moratorium. Dieses verlangt, dass erst dann kommerzielle Lizenzen für den Tiefseebergbau erteilt werden, wenn dessen Auswirkungen genauer bekannt sind.

Nun kommt die Tiefsee weiter unter Druck, wollen doch die USA ihre seltenen Erden selber anhäufen, um von China unabhängiger zu sein. So sollen auch die Tiefseegrabungen forciert werden. Die Schweiz muss sich hier für ein weltweites Moratorium einsetzen, denn die Auswirkungen einer Zerstörung der Böden der Weltmeere wäre verheerend. 

* Aline Trede ist Fraktionschefin der Grünen im Nationalrat und Umweltwissenschaftlerin. Sie schreibt hier jeden zweiten Sonntag – im Turnus mit SVP-Nationalrat Alfred Heer.

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