Diese Ungleichheit ruft weltweit Politiker auf den Plan. Arbeiten soll sich wieder lohnen. In Grossbritannien möchte beispielsweise die Labour-Partei per Gesetz definieren: Zehn Prozent der Aktien sollen an einen Fonds für Mitarbeiter gehen. Die alte Denkelite reagierte mit Aufschrei: Dies sei eine Enteignung der Aktionäre.
Die Forschung zeigt genau das Gegenteil. Firmen, die Mitarbeiter teilhaben lassen, sind erfolgreicher und wachsen jährlich 2,5 Prozent schneller. Aktionäre würden also davon profitieren. Der Konsumgüter-Fabrikant P&G beweist das seit 100 Jahren und garantiert seinen Mitarbeiter und Pensionären zehn Prozent der Aktien.
Beteiligte Mitarbeiter sind aber auch innovativer. Einige der findigsten Firmen der Welt beteiligen ihre Angestellten. Tech-Firmen wie Google und SAP beispielsweise. Beim grössten europäischen Tech-Konzern können Mitarbeiter bis zu zehn Prozent ihres Monatslohns in das eigene Unternehmen investieren. SAP beteiligt sich mit weiteren 40 Prozent des Eigenbeitrags. Diese «erwachsenen» Konzerne haben sich damit einen Teil Start-up-Kultur bewahrt.
Das Silicon Valley weiss nämlich längst: Glückliche Mitarbeiter haben auch die besten Ideen. Europäische und Schweizer Start-ups verlieren reihenweise Talente an amerikanische, aber auch israelische und kanadische Jungfirmen, weil diese Staaten Mitarbeiterbeteiligungen speziell fördern. Politikerinnen wie Jacqueline Badran setzen sich seit Jahren dafür ein, dass auch in der Schweiz Mitarbeiterbeteiligungen steuerlich gefördert werden. Die Möglichkeiten, Mitarbeiter zu beteiligen, wären vielfältig. Die klassische Geschäftswelt ist aber noch weit davon entfernt.
Bewerber und Konsumenten sind es leid, dass Mitarbeiter nur benutzt werden, um noch mehr Profit zu erzielen. Es geht darum, den Erfolg mit jenen Menschen zu teilen, die ihn erst möglich machen. Es geht darum, Gewinne mit der Gesellschaft zu teilen. Es geht auch darum, Engagement zu belohnen und die besten Angestellten anzuziehen. Das Problem ist nicht der Kapitalismus, sondern dass zu wenige was davon haben. Arbeiterinnen sollten zu Aktionärinnen werden.
*Patrizia Laeri (42) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF Börse» und «Eco» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch für BLICK.