Es läuft. Und läuft. Das Blut und das Geschäft damit. Frauen verbluten 15'000 Binden oder Tampons im Leben, 2400 Tage lang, sechseinhalb Jahre. Neu wird öffentlich geblutet. Zum Beispiel auf Instagram. Neue Marken provozieren mit Hashtags wie #letstalkaboutblood oder Sprüchen wie «Die Erde ist eine Scheide». Die neuen Start-ups haben eine Unmenge an Followern, und die Schar der Fans schwillt. Das Rebranding der Periode läuft.
Hinter der neuen Menstruations-Wirtschaft stecken vor allem Gründerinnen. Sie bieten neue ökologischere und praktischere Produkte an. Das US-Start-up Lola oder die Stuttgarter The Female Company verkaufen Bio-Tampons im Abonnement, bequem und diskret nach Hause geliefert. Abo-Commerce floriert ja auch bei Socken oder Rasierklingen.
Comeback der Menstruations-Tasse
Die neuen Unternehmerinnen wollen den Frauen aber auch an die Wäsche. Periodensichere saugfähige Unter- oder Sportwäsche finden bereits reissenden Absatz. In den USA machen Start-ups wie Thinx Millionenumsätze. Europäische Jungfirmen wie die Berliner Ooshi und Kora Mikino stehen in den Startlöchern.
Die Mutter der amerikanischen Flex Company, Lauren Schulte, war ebenfalls unzufrieden mit den gängigen Perioden-Produkten. Sie reanimierte ein Produkt aus den 30er-Jahren: die wiederverwertbare Menstruations-Tasse. Auch Firmen wie Diva, Mooncup oder Lunette haben die Tasse weiterentwickelt und bieten auf Youtube und Instagram Anwendungs-Filmchen und Erfahrungsberichte. Prognosen sagen, dass Frauen bis 2026 rund 2 Milliarden US-Dollar für die Blutbecher ausgeben.
Bisher in Männerhand
Schlecht für die klassische Tampon-Industrie, die auch immer wieder mit Chemie-Rückständen und Infektionsrisiken für Schlagzeilen sorgt. Sie verliert bereits Marktanteile. Nicht überraschend: Bisher wurden Menstruationsprodukte meist von Menschen lanciert, finanziert und verkauft, die keine Periode haben. Platzhirsche sind Procter & Gamble und Johnson & Johnson.
Den neuen Perioden-Managerinnen ist gemein, dass sie auch Unmengen Daten über das Bluten sammeln. Die wiederum fliessen in Artikel und Bücher und lancieren Diskussionen auf Social Media. Auch sogenannte Femtechs haben zahlreiche Menstruations-Apps lanciert. Sogar Apple hat es geschafft, dieses Jahr einen Zyklus-Tracker zum iPhone-Standard zu machen. Die Periode, ein Tabu-Thema, hat es 2019 definitiv auf die Agenda von Wirtschaft und Politik geschafft.
Jetzt kommt das Perioden-Emoji
Die Tamponsteuer wurde in Deutschland soeben abgeschafft. Der Artikel galt bisher als Luxus und wurde wie Kaviar mit 19 Prozent besteuert. Auch in der Schweiz hat der Nationalrat die Tamponsteuer dieses Jahr gestrichen. Die Blutsauger sollen jetzt als Güter des alltäglichen Gebrauchs gelten, genauso wie Viagra. Der schwedische Staat finanziert bereits eine Initiative, die Firmen als Mens-freundlich zertifiziert. Ausgerechnet ein Fussball-App-Start-up strebt die Auszeichnung als Erste an. Weitere junge Firmen nahmen den Ball auf.
Schliesslich wird 2019 auch das Jahr des Perioden-Emoji. Die Vergabestelle Unicode verspricht den digitalen Blutstropfen für diesen Herbst. Darauf werde ich vielleicht sogar einen trinken. Gern einen Bloody Mary.
Patrizia Laeri (42) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF Börse» und «Eco» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt normalerweise jeden zweiten Mittwoch für BLICK.