#aufbruch mit Patrizia Laeri
2020 – ich wünsch mir was!

Höchste Zeit, auch mit Männern über Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu reden. Ein offener Brief von Kolumnistin Patrizia Laeri an die Personalchefs der Schweiz.
Publiziert: 08.01.2020 um 08:31 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2020 um 10:37 Uhr
Foto: Thomas Buchwalder
Patrizia Laeri

Werte Personalchefinnen und -chefs

Ihr könnt 2020 den Wandel bringen. Es kostet euch nichts. Es geht fix. Es geht online. Es geht um Daten, die ihr sowieso schon in den Systemen habt. Seid ihr wirklich familienfreundlich? Habt ihr die zufriedensten Mitarbeiter? Das könnt ihr nun ganz einfach messen.

Findige Köpfe aus Wirtschaft und Politik haben sich in Deutschland darüber Gedanken gemacht und einen einfachen Index für euch gebaut. Den «Fortschrittsindex Vereinbarkeit». Sperrig zwar sein Name, einfach aber die Handhabung: Ihr müsst nur zwölf Kennzahlen online eintragen und wisst sofort, wo ihr steht. Sollte die Firma schlecht abschneiden, könnt ihr eurer Chefin die Unvereinbarkeit im Betrieb mit einer Zahl beweisen.

Es könnte übrigens sein, dass die Wahrnehmung von Management und Belegschaft weit auseinanderklafft. 44 Prozent der Firmen sehen ihre Kultur als sehr familienfreundlich, während das nur 24 Prozent der Mitarbeiter so empfinden. Immerhin – die junge Generation bringt ihre Vorstellungen vom erfüllten Arbeiten und Leben klarer durch. Die Prognos-Studie zeigt, dass Firmen mit jüngeren Angestellten bei den meisten Kennzahlen besser abschneiden als jene mit älteren. Gerade auch weil jüngere Männer es wagen, ihre Ideale zu äussern.

Ich wünsche mir deshalb auch, dass ihr 2020 mehr mit den Männern redet. Vereinbarkeit ist kein Frauenthema. 97 Prozent der Angestellten wünschen sich Vereinbarkeit. Immer mehr Männer wollen das Familienhaushaltsbudget nicht mehr alleine schultern. Zudem wissen auch Väter, wie schnell eine Kindheit vorbei ist, ein Arbeitsleben sich aber hinzieht.

Wie viele Führungskräfte arbeiten eigentlich Teilzeit in eurer Firma? Das ist eine der zwölf Kennzahlen. Die Wissenschaft hat es untersucht: Chefinnen und Chefs, die selbst Teilzeit arbeiten, deuten auf eine familienfreundliche Unternehmenskultur hin. Eine, die vielfältigstes Arbeiten für verschiedene Lebensphasen bietet – für Frauen und Männer.

Und wie unterstützt ihr Angestellte, die Angehörige pflegen? Dies ist eine andere wichtige Kennzahl. Immer mehr Menschen pflegen nämlich ihre Angehörigen. Firmen, die das unterstützen, anerkennen damit jedes Lebensalter und die verschiedenen Bedürfnisse von Beschäftigten im Lebenslauf.

Klar wird ein Index allein Vereinbarkeit nicht hinzaubern. Aber Daten erheben ist nie falsch. Nur wer misst, kann sich verbessern. Und sich gleichzeitig mit der Konkurrenz vergleichen. Die Öffentlichkeit erfährt nichts von eurem Resultat. Die Auswertungen sind (leider) anonym. Ich bin aber überzeugt, dass viele, die gut abschneiden, ihre Werte selber öffentlich machen.

Wer mitmacht, erhält ein Siegel. Wetten, dass dieses in Job-Inseraten bald für eine familienbewusste Kultur im Betrieb steht und die besten Talente lockt?

Die familienfreundlichste Wirtschaft der Welt. Das wär doch mal ein guter Vorsatz für die Schweiz. Und beste Standortwerbung obendrein. Ich zähle auf euch, werte Personaler. #aufbruch

https://fortschrittsindex.erfolgsfaktor-familie.de/

Patrizia Laeri (42) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF Börse» und «Eco» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch für BLICK.

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