Finanzierung, Baurecht und Standortwahl
Experte verrät, wie der Traum vom Tiny House real wird

Tiny Houses gewinnen an Beliebtheit. Der Campingplatz Seerose in Moosseedorf baut gleich eine ganze Siedlung. Statt Plätzen für Dauercamper sind 20 Mini-Häuser als Erstwohnsitze geplant. Experte Alesch Wenger vom Kollektiv Winzig erklärt, wo Kostenfallen lauern.
Publiziert: 06.08.2025 um 16:48 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2025 um 18:16 Uhr
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So soll die Tiny-House-Siedlung am Berner Moossee aussehen.
Foto: Visualisierung: pd

Darum gehts

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Olivia RuffinerRedaktorin

Der Campingplatz Seerose in Moosseedorf BE wird schrittweise umgenutzt. Wo bisher Platz für Dauercamper und Saisonmieter war, sollen rund 20 Tiny Houses entstehen, wie die Zeitung «Der Bund» schreibt.

Hinter dem Projekt steht die Firma Laubegg, die das Gelände 2021 übernommen hat – mit einer klaren Vision: Bereits beim Kauf sei die Nutzung für dauerhaften Wohnraum in Form von Mini-Häusern angedacht gewesen, bestätigt das Unternehmen gegenüber Blick. «Die Voraussetzungen zur Begründung des dauerhaften Wohnsitzes auf diesem Campingplatz wurden bereits durch den Vorbesitzer geschaffen», erklärt eine Sprecherin.

Die bestehenden Mietverhältnisse mussten aufgelöst werden, teils auch aufgrund des gestiegenen Mietzinses. Laut Projektbroschüre soll die jährliche Parzellenmiete je nach Nutzung zwischen 10’000 und 14’000 Franken betragen. «Ein direkter Vergleich mit früheren Mietverhältnissen ist nicht möglich, da sich sowohl Nutzung als auch Ausbaustandard erheblich unterscheiden», so Laubegg.

Tipps für zukünftige Tiny-House-Besitzer

Die Tiny Houses des Campingplatzes am Moossee sind als dauerhafte Erstwohnsitze konzipiert. Der indikative Kaufpreis liegt bei rund 250’000 Franken. Aktuell sind drei Parzellen reserviert, der Bezug der ersten Häuser ist für das vierte Quartal 2025 geplant.

Experte Alesch Wenger ist verantwortlich für den Bereich Bewilligungen im Verein Kleinwohnformen Schweiz.
Foto: Kollektiv Winzig

Aber nicht überall verläuft ein Projekt so strukturiert wie jenes am Moossee. Die Nachfrage nach Kleinwohnformen wächst – doch der Weg dorthin ist oft hürdenreich. Alesch Wenger (40), Co-Präsident des Vereins Kleinwohnformen Schweiz und Mitinhaber des Kollektivs Winzig, kennt die Herausforderungen aus erster Hand.

«Einerseits führen idealisierte Darstellungen in Medien und Werbung zu falschen Vorstellungen», sagt er. Tiny Houses werden oft romantisch am Waldrand oder am See inszeniert. In der Realität braucht es eine zonenkonforme Fläche, etwa in einer Wohn- oder Gewerbezone.

Oft werden Tiny Houses idyllisch im Grünen in Szene gesetzt.
Foto: Jan de Groen

Projekte mit klarem Zweck und klarer Mietdauer

Erfolgsbeispiele hat der Verein Kleinwohnformen bereits einige zu vermelden. Laut Wenger handelt es sich dabei häufig um Zwischennutzungen auf brachliegenden Flächen: «Wir haben mittlerweile 10 bis 15 Beispiele gesammelt, die zum Teil in nur zwei bis drei Monaten eine Baubewilligung erhielten.»

Fahrbare Einheiten sind für Zwischennutzungen ideal. Ihre Mobilität kann bei der Bewilligung aber zum Thema werden.
Foto: Getty Images

Herausfordernd bleibt oft die Finanzierung. Für Kleinwohnformen gibt es in der Regel keine klassischen Finanzierungsmöglichkeiten. Weil die Projektgesamtkosten mit rund 200’000 bis 300’000 Franken vergleichsweise tief ausfallen können, werden dafür bislang nur Kleinkredite angeboten.

Was ist ein Tiny House?

Der Verein Kleinwohnformen Schweiz definiert Tiny Houses, Minihaus und Co. als kompakte und ressourcenschonende Wohnlösung (Hauptwohnsitz) mit maximal 30 Quadratmeter Wohnfläche für eine Person (plus 15 Quadratmeter je weiterer Person).

Der Verein Kleinwohnformen Schweiz definiert Tiny Houses, Minihaus und Co. als kompakte und ressourcenschonende Wohnlösung (Hauptwohnsitz) mit maximal 30 Quadratmeter Wohnfläche für eine Person (plus 15 Quadratmeter je weiterer Person).

Je nach Kanton und Einschätzung durch die Gebäudeversicherung können Modulbauten ab 30 Quadratmetern Fläche mittels Hypothek und Guthaben aus der beruflichen Vorsorge finanziert werden.

Die grösste Kostenfalle lauert aber in den Listenpreisen. «Viele vergessen die Anschlusskosten oder dass ein günstiges Haus aus dem Ausland nicht den Schweizer Baustandards entspricht», erklärt Wenger. Müssen im Nachhinein Anpassungen vorgenommen werden, schlägt das erheblich aufs Portemonnaie.

Das Haus im Garten

Ein besonders erfolgreiches Modell sieht Wenger in der sogenannten Nachverdichtung – also dem Bau eines Tiny Houses auf dem Grundstück eines bestehenden Einfamilienhauses. «Zuerst leben dort vielleicht die jungen Menschen, und sobald sie Familie haben, ziehen sie in das grosse Haus und die Grosseltern ins Tiny House.» Das Konzept nennt sich auch Generationenwohnen.

Zwischen grossen Häusern noch ein kleines – das ist Nachverdichtung.
Foto: Getty Images/Westend61

Zudem wird in der Praxis das Gesetz von Anbauten zugunsten der Kleinwohnformen ausgelegt. Liegen die Gesamtprojektkosten unter 200’000 Franken, kann die mit dem Haupthaus verbundene Kleinwohnform ohne Energienachweis zugelassen werden. Das ist ein mehrseitiges und teures Dokument, das bei einem Hausbau eigentlich hinterlegt werden muss.

Umbau auf Campingplatz gerechtfertigt?

Diese Entwicklung zeigt laut Wenger, dass der Trend zu Kleinwohnformen auch in der Bewilligungspraxis langsam Berücksichtigung findet. Der Umbau des Campingplatzes Seerose sei daher ein Schritt in die richtige Richtung: «Die Nutzung bleibt im Kern die gleiche: Es sind fest vermietete, bereits angeschlossene Parzellen. Aber anstelle energetisch veralteter Wohnwagen stehen dort künftig ökologisch tragbare Mini-Häuser.»

Wichtig sei jedoch, dass solche Konzepte nicht wahllos auf touristisch genutzte Campingplätze übertragen würden – fixe Stellplätze gab es auf dem Campingplatz Seerose immer schon. «Nur wenn die Mietdauer so gesichert ist, dass die Gesamtkosten für das Projekt amortisiert werden, macht eine Investition in ein Tiny House Sinn», betont Wenger.


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