Dieses Jahr ist alles etwas anders – sogar der Weihnachtsschmuck. So hängt bei Jeannette Jöhl (27) und Patrick Meier (30) Dekoration in Form von Toilettenpapier und rollerfahrenden Flamingos am nigelnagelneuen Christbaum. Das Paar aus Illnau ZH hat sich dieses Jahr zum ersten Mal einen Tannenbaum mitsamt Schmuck ins Wohnzimmer gestellt. Denn wegen Corona feiern die beiden Weihnachten alleine bei sich zu Hause.
So ähnlich wie dem Paar aus Illnau ZH ergeht es dieses Jahr vielen anderen Haushalten. «Wir vermuten, dass wegen Corona mehr Weihnachtsbäume verkauft werden», sagt Rahel Plüss vom Verband der Waldeigentümer, Wald Schweiz. Die Förstereien und Baumzüchter der Schweiz rechnen deshalb mit höheren Umsätzen.
Weihnachten alleine zu Haus
«Normalerweise feiern wir über die Festtage inklusive Flötenspiel, Gesang und Fondue bei unseren beiden Familien», sagt Jöhl. «Doch weil wir für die Corona-Massnahmen zu viele Leute wären und uns um die Grosseltern sorgen, treffen wir uns diese Weihnachten gar nicht.» In den Jahren zuvor sei für sie ein eigener Christbaum nicht infrage gekommen. «Bis Corona hatten wir über die Weihnachtstage dafür immer zu viel los und waren gar nicht so oft zu Hause», sagt Meier. Doch nun ist Weihnachten bei ihnen eingezogen.
Ihr mittelgrosses Bäumlein stammt von einem Hof in Wülflingen ZH – ganz nach einem weiteren aktuellen Trend: Um das Anstehen bei engen Platzverhältnissen in Zeiten einer Pandemie zu vermeiden, sollen dieses Jahr mehr Bäume direkt beim Produzenten gekauft werden (Blick berichtete). Denn ohne Sonntagsverkauf könnte es in der Stadt eng werden. «Die meisten Bäume verkaufen wir normalerweise am letzten Wochenende vor Weihnachten», sagt ein Baumverkäufer aus der Stadt Winterthur ZH. «Wir sind gespannt, ob sich dies nun alles auf den Samstag verschiebt.»
Baum muss aus der Schweiz kommen
Jöhl und Meier wollten dem Andrang ausweichen. Neben den Platzverhältnissen spielte dabei jedoch auch die Herkunft der Bäume eine Rolle. «Uns war es wichtig, dass der Baum in der Schweiz gewachsen ist», sagt Meier. Ein Import mit weiten Transportwegen wäre für die beiden aus ökologischen Gründen nicht infrage gekommen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass man sich mit einem ausländischen Baum die Festtage verschönert, ist ziemlich hoch: Gemäss einer Schätzung der IG Suisse Christbaum wurden 50 bis 60 Prozent der schweizweit verkauften Weihnachtsbäume importiert. Davon stammte gemäss admin.ch im Jahr 2018 der grösste Teil aus Dänemark (67%), gefolgt von Deutschland (18%) und Belgien (9%).
Die Tradition lebt also weiter, einfach anders: An Jöhls und Meiers Baum hängen ganz andere Sachen als an dem ihrer Eltern – vom Corona-Toilettenpapier über das kunterbunte Lama bis hin zum Lichter-Lametta. Keine Spur von traditionellem Weihnachtsschmuck. «Es ist doch manchmal schön, Traditionen etwas aufzufrischen», sagt Meier.