Smarthomes, Wolkenkratzer, Generationenhäuser
So wird sich unser Wohnen verändern

Städte werden dichter, Technik schreitet voran, Menschen werden älter – was das für unser Wohnen in der Zukunft bedeutet.
Publiziert: 09.01.2020 um 14:04 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2020 um 16:31 Uhr
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Das energieautarke Haus in Brütten ZH liefert seit drei Jahren mehr Strom, als die Mieter verbrauchen.
Foto: Philippe Rossier
Silvia Tschui

In unserer grossen Zukunftsserie beschäftigen wir uns auch damit, wie uns Klimawandel, Politik, neue Technologien und Strömungen im ganz Privaten betreffen – unter anderem darin, wie wir in Zukunft wohnen werden. Wir haben bei Experten nachgefragt – die ganz verschiedene Trends sehen.

Kaum Nebenkosten dank energieautarker Häuser: Strom und Energie zu Hause automatisch herstellen, anstatt ihn teuer zu beziehen. Das gelingt heute schon im 2016 fertig gebauten energieautarken Mehrfamilienhaus in Brütten ZH. Solarpaneele an Fassaden und auf dem Dach sammeln Strom, Kurzzeitspeicher stellen ihn sofort zur Verfügung und Langzeitspeicher wandeln den Überschuss in Wasserstoff zur Speicherung um. Aus dem Wasserstoff wird in einer Brennstoffzelle in der kalten Jahreszeit dann wiederum Heizenergie und Strom gewonnen. Das Vorzeigeprojekt der Umweltarena funktioniert so gut, dass es sogar überschüssigen Strom ins Stromnetz einspeist. «So haben Mieter kaum Nebenkosten», sagt Walter Schmid, verantwortlicher Generalbauunternehmer und Initiant der Umweltarena in Spreitenbach AG. «Das Haus stösst auf grosses Interesse in Japan, China und den USA», sagt Schmid. Auch in der Schweiz baut er Folgeprojekte – wie diese genau aussehen, ist aber noch geheim.

Alternative Wohnformen: «Menschen brauchen auch in Zukunft bezahlbare Wohnungen», sagt Natalie Imboden, Generalsekretärin des Schweizerischen Mieterverbandes. Dies habe mit dem demografischen Wandel zu tun: Die Schweiz wird älter. «Es besteht deshalb unter anderem das Bedürfnis nach Generationenhäusern, in denen alt und jung gemeinsam leben und sich gegenseitig helfen.» Auch die deutsche Zukunftsforscherin Oona Horx-Strathern nennt in ihrem soeben erschienenen Wohnbericht das Bedürfnis nach alternativen Wohnformen. Sie schreibt, diese Mietshäuser müssten so aussehen, dass jeder zwar einzelnen Wohnraum hat, es zusätzlich aber kommunalen Raum gibt – also Bibliotheken, Wohnzimmer, Küchen, Gemeinschaftsgarten, in welchem Tierhaltung möglich ist, etc. Diverse Genossenschaften in Zürich, Basel, Luzern, Bern haben solche Wohnformen bereits in ähnlicher Weise realisiert oder arbeiten daran. Auch Alters-WGs, in denen Senioren sich zusammentun, um sich gegenseitig zu helfen und nicht vom Altersheim abhängig sein zu müssen, oder Business-WGs, in denen Zimmer gänzlich möbliert in kurzfristigen Verträgen vermietet werden, werden gemäss Horx-Strathern zukünftig wichtiger werden. Allerdings gibt Imboden vom Mieterverband zu bedenken: «Während Genossenschaften auf diese Bedürfnisse reagieren, bauen private Grossinvestoren nach wie vor sehr konventionell – und meiner Meinung nach oft an den Bedürfnissen der Menschen vorbei.»

Smart Homes: Während das Bedürfnis nach alternativen Wohnformen eher von unten, also von den Wohnenden kommt, geben Investoren, etwa wie die Swiss Life, eine andere Richtung vor: Sie setzen auf Energieeinsparungen durch sogenannte Smart Homes, die via diverser Sensoren etwa die Beleuchtung, das Lüften, die Heizung oder die Beschattung im Sommer selbst und automatisiert regeln. Aber auch der persönliche Komfort soll in solchen Smart Homes grösser werden: Geräte wie der Herd oder der Backofen könnten per Internet auch von weit entferntem Ort bedient werden – etwa am Arbeitsplatz den Backofen anschalten, die Heimreise antreten, um dann den fertigen Braten genau dann im Ofen zu haben, wenn man heimkommt. Die Schattenseite der Smart Homes: Je automatisierter Geräte sind, desto mehr Daten sammeln sie – und desto anfälliger sind sie für Hacker. Beispiel: Sammeln Sensoren etwa Daten über das Anwesenheitsprofil des Mieters oder Besitzers, um so die Heizung bei Abwesenheit zur Energieeinsparung herunterschalten zu können, sind diese Daten für einen Einbrecher natürlich interessant.

Mehr Wolkenkratzer, billigeres Wohnen, kleinere Wohnungen: Der politische Trend in der Schweiz geht hin zur Verdichtung in den Städten, insbesondere mit den letzten Revisionen des Raumplanungsgesetzes. Es werden also in den Städten mehr Wolkenkratzer gebaut werden. Trotzdem geht die Bautätigkeit auch auf dem Land weiter: Da Pensionskassen gezwungen sind, zu investieren, bleibt für sie in Zeiten eines Negativzinsumfelds fast nur Bautätigkeit als Investition übrig. Der grosse Überschuss an Wohnungen auf dem Land könnte dazu führen, dass in solchen Gebieten bald billiger gewohnt werden kann. Generalbauunternehmer Schmid geht zudem davon aus, dass Wohnen auch in den Städten erschwinglicher werden könnte: «Nicht jeder kann sich 3000 Franken Miete leisten. Das haben auch Bauunternehmer gemerkt und bauen deshalb kleinere Wohnungen, die vielleicht nur noch 90, 100 Quadratmeter haben, statt 140.»

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