On the road mit Christian Bauer
Kampfmutter-Alarm im Zug

Reisejournalist Christian Bauer reist gerne im Kinderabteil der SBB. Da hat es immer einen freien Platz, und die Stimmung ist fröhlich. Doch dann kam eine Zugfahrt von Bern nach Zürich.
Publiziert: 19.01.2017 um 11:35 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:55 Uhr
In der SBB reist es sich sehr angenehm – meistens.
Foto: Christian Bauer
Christian Bauer
Christian BauerReise-Journalist

Berner Hauptbahnhof, Samstagmorgen: Auf dem Perron steht gefühlt die ganze Stadt. Meine Hoffnung ist ein Platz im Kinderabteil. Da ist immer etwas frei, und alle sind meist aufgestellt und ausgelassen. Es ist wenig los: Drei Kinder spielen an der Rutsche, einige Bänke sind frei. Perfekt.

Ein etwa zweijähriges «Meitli» fegt durch den Gang wie ein Irrlicht. Sie freut sich am aufrechten Gang. So weit, so herzig – wäre da nicht die Mutter.

Tyrannosaurus Rex der Mutterliebe

Die rast dem Mädel hinterher als menschlicher Airbag, die Arme wie Leitplanken neben dem Kind. Die Kleine rennt und rennt. Auf die Rutsche, wieder runter, den Gang entlang, zurück zur Rutsche. Pausenlos.

Die Mutter wie ein siamesischer Zwilling immer im Schlepptau: Knie gebeugt, Hals gestreckt, Füdli nach hinten, Arme nach vorne – ein Tyrannosaurus Rex der Mutterliebe. Der Anblick ist zunächst lustig, dann peinlich. Dazu gibt sie seltsame Laute von sich: «Ja dudidudidu, dadadadada, ja bist du schnuckischnucki.» Es gibt kein Erbarmen.

Kurz vor Olten kommt dann das Unvermeidbare: die Duftkontrolle. «Eeeeeegon, die Windeln!», keift sie ihren Mann an, der seelenruhig eine Zeitung liest. Oder sind es die Scheidungspapiere?

Mittlerweile ist sie das Entertainment-Programm fürs ganze Abteil. «Ja, hast du kackikackikacki, dudeldudel!» Als ob das eine Leistung ist.

Einmal volle Windel für alle!

«Wenn sie jetzt auf die Toilette geht, habe ich endlich etwas Ruhe», denke ich. Die anderen Gäste schauen auch hoffnungsvoll.

Von wegen. Die Kampfmutter zieht der Kleinen mitten im Gang Hose und Windeln aus. Sie lebt in ihrer eigenen Welt. Der Gaggi-Gestank wabert durchs Abteil. Die verschissene Windel fliegt auf den kleinen Tisch und dann auf den Sitz.

Mit einem Nastuch wischt sie dem Kind das Füdli ab. Jeder kann jetzt das braune Taschentuch bewundern. Es landet auch auf dem Tischchen. En Guete für den, der da mal seinen Apfel hinlegt.

Einst tourte ich im Zug durch Indien. Da erlebt man sehr viel, das man sich nicht vorstellen kann. Vollgeschissene Windeln waren nicht dabei.

Zur Person

Im zarten Alter von drei Jahren bestieg Christian Bauer zum ersten Mal ein Flugzeug Richtung Afrika. Erst sieben Jahre später kehrte er wieder in die Heimat zurück. Seitdem faszinieren ihn fremde Kulturen und Länder. Mittlerweile ist aus seiner Reisebegeisterung ein Beruf geworden.

Im zarten Alter von drei Jahren bestieg Christian Bauer zum ersten Mal ein Flugzeug Richtung Afrika. Erst sieben Jahre später kehrte er wieder in die Heimat zurück. Seitdem faszinieren ihn fremde Kulturen und Länder. Mittlerweile ist aus seiner Reisebegeisterung ein Beruf geworden.

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