Darum gehts
- Kunsthalle Praha zeigt Werke des slowakischen Konzeptkünstlers Roman Ondak
- Ondak erklärt das Universum mit Alltagsgegenständen und subtilen Humor
- Ausstellung mit 50 Werken aus drei Jahrzehnten bis 9. März
Wer hat sie noch nicht gesehen, Prag mit seiner Altstadt und der Karlsbrücke. Das scheinen sich immer mehr Menschen zu fragen. Und eilen nach Prag. Ein Tourismusmagnet ohnegleichen, zieht die tschechische Hauptstadt auch in der Nebensaison die Massen an – rund acht Millionen Besucher pro Jahr.
Obwohl wahre Menschenströme durch dieses Juwel an Geschichte und Architektur fliessen, kann der Besucher noch Orte der Ruhe und entspannten Inspiration finden. So in der Kunsthalle Praha (Prag), einer einstigen Armeebaracke österreichisch-ungarischer Truppen, die in den späten 1920er-Jahren zum Zenger-Umspannwerk wurde, dem ersten von Prag, als die Stadt damals elektrifizierte.
Das Kaiserreich zerfiel, die Republik erwachte. Sinnbildlich stand das Umspannwerk für den Aufbruch in die Zukunft. Heute brauchen die Prager Elektrizitätswerke noch einen einzigen Raum im Zenger-Untergeschoss. Das funktionalistische Gebäude wurde zur Kunsthalle. Seit 2022 stellt die private Kunsthalle Praha moderne und zeitgenössische Kunst aus.
Freiheit
Und derzeit einen Leckerbissen: den international renommierten, slowakischen Konzeptkünstler Roman Ondak (59), dessen Werke den grössten Museen der Welt gehören, darunter dem Museum of Modern Art in New York.
Zur Vernissage führte Ondak persönlich durch die Ausstellung von Installationen, Performances, Videos, Fotografien, Zeichnungen und Objekten. Alltagsgegenstände werden überhöht. Banalitäten erklären das Leben und das Universum.
«The Day After Yesterday», «Der Tag nach Gestern», heisst die Ausstellung, die mit subtilem Humor auch die kommunistische Vergangenheit von Osteuropa seziert. Den vergleichsweise winzigen Meeresstrand, den Kommunisten damals in Europa geniessen konnten, vergleicht Ondak mit den endlos anmutenden Stränden entlang Westeuropa. Freiheit. Alles im Osten, sagt Ondak, sei damals Fiktion gewesen, ohne wirklichen Inhalt.
Neuinszenierung in Prag
Zu erleben ist auch das Werk «Measuring the Universe», erstanden vom New Yorker Museum of Modern Art. Die Körpergrössen und Vornamen von Galeriebesuchern werden auf Wänden zur Kunst und Besucher zu Künstlern. Die partizipative Performance wurde bereits in führenden Museen weltweit gezeigt und wird nun in Prag neu inszeniert.
Oder die Tierkäfige, die Ondak auf einem Markt in Mexiko zusammenkaufte und aus ihnen einen Kreislauf des menschlichen Lebens schuf. Ondak spricht vom «Teufelskreis des Lebens»: von einem Käfig in den nächsten, ohne Ausweg.
Grandios der riesige Flugzeugflügel, der sich durch einen ganzen Raum erstreckt, mit der Aufschrift «Do not walk outside this area». Wie es eben auf Flugzeugflügeln steht. Ondak nimmts wörtlich und fordert Besucher auf, auf dem Flugzeugflügel zu gehen, wos erlaubt ist. Man soll nicht darauf gehen, lautet die Warnung. Doch, mit gewissen Einschränkungen, darf man den Flügel offenbar frei betreten. Nehmen wir uns die Freiheit.
Metaphysische Metallrohre
Paradebeispiel: wie der 59-Jährige das Universum erklärt. Anhand von zurechtgelegten Metallrohren: Hunderte von Rohrteilen kreisrund angeordnet. Wie in einem Universum, in dem sich alles im Kreis dreht.
Im Inneren sind sie sich alle ähnlich. Breiter, dicker, hohler, aber alle ähnlich. An der Seite liegen die schrägen und verwinkelten Rohrstücke – die Ausgestossenen. Ohne sie würde nichts funktionieren. Sie sind anders, aber unverzichtbar. Und natürlich geht Ondak noch viel viel weiter. Die Metallrohre stehen für Bienenstöcke und die Rotation des Kosmos. Selbst die banalsten Dinge unterliegen Metaphysik.
50 Werke
Ondak spricht mit einer Überzeugung und Selbstverständlichkeit über abstrakte Kunst, als sei sie die normalste Sache der Welt. Und der Mann ist gefragt. Am Tag nach der Prager Vernissage flog er gleich nach Kyoto zu einer weiteren neuen Ausstellung.
Rund 50 Ondak-Werke, die sich über drei Jahrzehnte erstrecken, sind noch bis am 9. März in der Kunsthalle Praha zu sehen und zu erleben.
Dieser Bericht entstand im Rahmen einer Pressereise.