Unterwegs im winzigen Inselstaat São Tomé und Príncipe
Ein Milliardär träumt von sanftem Tourismus

Der Inselstaat São Tomé und Príncipe ist atemberaubend schön. Aber auch arm und bedroht. Ein Milliardär will auf diesem Fleck Erde zeigen, dass nachhaltiger Tourismus möglich ist. Und die Welt damit ein kleines bisschen besser machen. Auch für sich selber.
Publiziert: 17.01.2020 um 09:23 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2020 um 09:24 Uhr
Auf São Tomé und Príncipe gibt es vor allem eines: Dschungel.
Foto: Aline Wüst
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Aline Wüst

Mitten im Meer auf der Insel Príncipe steht ein portugiesisches Kolonialhaus. Zum Zimmer gehört eine Veranda, von wo der Blick hinaus in den Dschungel geht. Grosse Regentropfen fallen in das wilde Grün. Es ist trotzdem warm. Ewig will man auf dieser Veranda sitzen, dem Regen lauschen, noch einen Schluck vom Kaffee trinken, dessen Bohnen hier gewachsen sind, zugleich wissend, dass überall dort, wo die Insel endet und das Meer beginnt, kleine Buchten liegen. Von Palmen und wilden Mandelbäumen gesäumt und so menschenleer und friedlich, als hätte sie sich jemand ausgedacht. Zwischen Balkon und Bucht wachsen Kakao, Kokosnüsse und Passionsfrüchte. Liegen kleine Dörfer mit freundlichen Menschen, die Besuchern gern von den Mandeln zu kosten geben, die sie gerade aus der harten Schale geholt haben. Ist das der perfekte Ort, um zu entspannen?

Zwei Inseln: São Tomé und Príncipe. Bis im Jahr 1470 waren diese unbewohnt. Ein Jahr später kamen die Portugiesen. Sie brachten Menschen auf die Inseln – Sklaven. Aus den Kapverden, aus Angola und Mosambik. Geholt, um Kaffee und Kakao anzubauen. Die rund 200'000 Menschen, die heute auf São Tomé wohnen, und die 8000 Leute, die auf der kleineren Insel Príncipe leben, sind grösstenteils Nachkommen dieser verschleppten Menschen.

Nachkommen von Sklaven

Die Vergangenheit ist noch heute spürbar: Die Inseln gliedern sich in einzelne Plantagen. Das Haus mit der schönen Veranda steht auf einer von ihnen, es ist ein einstiges portugiesisches Herrenhaus. Rund ums Haus befinden sich noch immer die ehemaligen Sklavenunterkünfte. Die Inselbewohner leben heute noch in diesen Unterkünften, aber auch in den Häusern der Portugiesen.

Die Insulaner sind Selbstversorger. Die Frauen suchen Schnecken im Wald, die Männer fischen. Verkauft werden Gemüse, Schnecken und Fisch auf dem Markt. Anderes wird selber gemacht: Im Regenwald ein Mann, der einen riesigen Baum gefällt hat. Er ist Fischer und erzählt, dass sein Einbaum kaputtging, er sich nun einen neuen macht – drei Monate arbeitet er am Baumstamm. Dann kann er wieder aufs Meer hinausfahren.

Es ist ein hartes Leben. Landschaftlich aber sind die Inseln ein Paradies, ein bedrohtes. Vor der Küste entnehmen Ölgesellschaften Probebohrungen. Auf der Insel roden multinationale Firmen den einst unberührten Dschungel, um Palmöl zu gewinnen.

Die Bewohner wehren sich – haben den mächtigen Firmen und ihrer korrupten Regierung aber wenig entgegenzusetzen.

Bereits 100 Millionen Dollar investiert

Doch dann kam ein anderer mächtiger Player auf die Insel. Der «Mann vom Mond», wie er hier heisst. Der britisch-südafrikanische Milliardär Mark Shuttleworth (46). 2002 reiste er als Privatperson mit einem Raumschiff ins All. Von dort oben soll er die winzige Insel Príncipe gesehen und sich in sie verliebt haben. Sein Traum: dieses Juwel zu erhalten und es Touristen auf nachhaltige Weise zugänglich zu machen. Und zugleich Perspektiven zu schaffen für die Menschen, die hier leben.

Mehr als 100 Millionen Dollar hat seine Firma HBD bereits investiert. Mehr als 100 Hotelbetten verteilt auf vier Hotels soll es nicht geben. Drei davon auf Príncipe, der kleineren der zwei Inseln. Das Haus mit Zimmer, Veranda und Sicht in den Dschungel ist eines davon. Es heisst wie die Plantage damals: Roça Sundy. Zwei bestehende Resorts hat die HBD-Gruppe übernommen. Und das vierte, die Lodge Sundy Praia, wurde 2017 eröffnet.

Die Herausforderungen sind vielfältig: Strom ist ein Problem, ausgebildete Fachkräfte zu finden ebenfalls. Darum investiert HBD in die Menschen. Bildet sie für die Arbeit in den Hotels aus. Renovationen und Neubauten werden wenn möglich in traditioneller Weise gemacht. Hunderte Insulaner arbeiten bereits für die Hotelgruppe. Sie alle haben Arbeitsverträge. Gefördert werden auch die Frauen. Dafür wird eine Kinderbetreuung aufgebaut. Nach und nach sollen alle Positionen von Einheimischen besetzt werden. Das Essen für die Hotelgäste wird künftig aus dem eigenen Garten kommen. Es gibt ein Abfall-Recycling-System. Die HBD-Gruppe investiert in Strassen und kämpft gegen die Rodung von Urwald für Palmölplantagen. Erklärtes Ziel von Shuttleworth: die Situation zu verbessern, ohne die bestehende Kultur grundlegend zu verändern.

«Ich bin in der Lage dazu»

Vergangenes Jahr wurde er in einem Interview gefragt, ob er darauf hoffe, seine Investitionen wieder hereinzuholen. Seine Antwort: «Keine Chance!» Warum also tut er das alles? Shuttleworths Erklärung: «Weil ich in der Lage bin, es zu tun. Ich habe mich dafür entschieden, keine Kinder zu haben. Ich möchte herausfinden, welchen Einfluss ich auf die Welt haben kann. Dies soll einer der Orte sein, wo ich versuche, das Unmögliche möglich zu machen.»

Für die Touristen bedeutet es, diese Inseln mit allen Annehmlichkeiten zu geniessen. Die Hotels sind luxuriös und stilvoll eingerichtet. Die Zimmer von einer Klimaanlage gekühlt, abends gibt es Drinks an der Bar.

Aber die beiden Inseln wären auch eine Reise wert, wenn man einfach schwitzend über den Markt in der Hauptstadt schlendern und während des Tropenregens frischen Fisch in einer Strassenküche essen würde. An anderen Tagen in einer der Buchten ins Meer tauchte, um danach im Sand zu sitzen und sich von der Sonne trocknen zu lassen. Um dann vielleicht einen Schluck frisches Kokoswasser zu trinken. Direkt aus der Kokosnuss, die zuvor ein junger Mann vom Baum geholt und dann mit seiner Machete geöffnet hat.

Ja, São Tomé und Príncipe sind der perfekte Ort, um zu entspannen. Zumindest als Tourist.

Gut zu wissen

Hinkommen Die Fluggesellschaft TAP Air Portugal fliegt viermal pro Woche ab Zürich via Lissabon nach São Tomé.

Herumkommen Individuelle Rundreisen inkl. Flug und Übernachtungen organisiert der Schweizer Reiseveranstalter Let's go Tours.

Übernachten Roça Sundy ist ein ehemaliges Kolonial- und Plantagenhaus, das seine Gäste in die Vergangenheit zurückversetzt. Zimmer gibt es ab 171 Franken.

Hinkommen Die Fluggesellschaft TAP Air Portugal fliegt viermal pro Woche ab Zürich via Lissabon nach São Tomé.

Herumkommen Individuelle Rundreisen inkl. Flug und Übernachtungen organisiert der Schweizer Reiseveranstalter Let's go Tours.

Übernachten Roça Sundy ist ein ehemaliges Kolonial- und Plantagenhaus, das seine Gäste in die Vergangenheit zurückversetzt. Zimmer gibt es ab 171 Franken.

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Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Pressereise.

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