Sonne statt Schneematsch
Die besten Tipps für ein Winter-Weekend in Sevilla

300 Sonnentage im Jahr plus milde Temperaturen. Sevilla ist die ideale Destination für einen Extraschub Vitamin D im Winter.
Kommentieren
1/7
Sevillas Altstadt wird von der Kathedrale geprägt, die grösste gotische Kirche der Welt.
Foto: Shutterstock

Darum gehts

  • Sevilla: Schöne Stadt mit Wintersonne, ideal für Flucht vor Schmuddelwetter
  • Alcázar-Palast: UNESCO-Welterbe mit maurisch-christlicher Architektur und paradiesischen Gärten
  • Kathedrale Santa María de la Sede: Grösste gotische Kirche der Welt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
IMG_0196.jpg
Christian BauerReise-Journalist

Es heisst, Sevilla sei vom legendären Kraftprotz Herkules gegründet worden – eine Sage, die perfekt zu dieser stolzen Stadt passt. Ob der antike Held zwischen Löwenkämpfen und anderen Angebereien tatsächlich Zeit fand, eine Stadt zu bauen – eher unwahrscheinlich. Keine Legende dagegen ist, dass Sevilla zu den schönsten Städten Spaniens zählt, vielleicht sogar zu den betörendsten Städten am ganzen Mittelmeer.

Und wann ist die beste Reisezeit? Der Beiname der Stadt verrät es: Sevilla, la ciudad del sol de invierno, «Sevilla, die Stadt der Wintersonne». Während bei uns Kälte, Nieselregen und graue Tage dominieren, geniesst man im Süden Spaniens milde Temperaturen und meist strahlend blauen Himmel. Sevilla gilt als eine der wärmsten und sonnenreichsten Städte Europas – ideal, um im Dezember, Januar oder Februar dem Schmuddelwetter zu entfliehen und die Seele aufzutauen.

Freitagnachmittag

Gassen, Orangenbäume und paradiesische Erlebnisse

Die Altstadt Sevillas ist ein Labyrinth aus Gassen und Plätzen, das jeden Plan überflüssig macht. Am besten verbringt man die ersten Stunden damit, «planlos» durch die Stadt zu flanieren: Unter Orangenbäumen hindurch, an Cafés und Bars vorbei, von deren Decken Jamón, also luftgetrockneter Schinken hängt, zu Gebäuden, die ebenso in Nordafrika stehen könnten. Hufeisenbögen, filigrane Säulen und verschlungene Ornamente erzählen von der aufregenden Geschichte der Stadt. 

Geprägt wurde Sevilla vor allem von den Mauren, die im 8. Jahrhundert grosse Teile der iberischen Halbinsel einnahmen. Als die Christen Sevilla im 13. Jahrhundert zurückeroberten, übernahmen sie den islamischen Formenreichtum und mischten ihn mit christlichen Elementen. So entstand der Mudéjar-Stil – eine kunstvolle Symbiose zweier Welten, die man in ganz Andalusien findet.

Königspalast Alcázar – das Paradies auf Erden

Ein Höhepunkt dieser Baukunst und völlig zu Recht UNESCO-Welterbe ist der Königspalast Real Alcázar. Hinter den Mauern entfaltet sich ein Labyrinth aus verzierten Sälen, Innenhöfen, Wasserbecken und Ornamenten. Eindrücklichster Raum ist der Salón de los Embajadores mit einer Holzdecke, die an Stalaktiten in einer Höhle erinnert. 

Die Gärten sollten einst das Paradies symbolisieren – und wirken auch im Winter wie eine Oase: Orangenbäume, Palmen und Wasserbassins sind zu einem harmonischen Ensemble vereint. Kein Wunder, dass hier Szenen des Fantasy-Epos «Game of Thrones» gedreht wurden.

Tipp: Für den Alcázar unbedingt vorab online reservieren. 

Freitagabend

Flamenco und Tapas

Sevilla ohne Flamenco ist kaum vorstellbar. Der Tanz ist tief in der andalusischen Seele verwurzelt und weit mehr als Touristen-Show (von einigen Ausnahmen abgesehen). Gitarrenklänge, kräftiger Gesang und rhythmisches Klatschen erzählen Geschichten von Schmerz, Sehnsucht und Liebe. Die Wurzeln liegen in der Begegnung arabischer, jüdischer und Roma-Einflüsse, die eine der ausdrucksstärksten Tanzenformen schufen.

Um die Hintergründe des Flamenco zu verstehen, bietet sich das Museo del Baile Flamenco an (C. Manuel Rojas Marcos, 3, geöffnet bis 18:45 Uhr). Das Museum erklärt Geschichte, Stilrichtungen und Technik des Tanzes und ist der Tänzerin Cristina Hoyos gewidmet. Wie die Theorie sich in der Praxis anfühlt, erlebt man jeden Abend (und manchmal auch zur Mittagszeit) bei den hauseigenen Flamenco-Shows. Es werden auch Tanzkurse angeboten.

Zum Ausklang des ersten Tages geht es nach Triana, das Quartier auf der anderen Flussseite. Einst Viertel der Arbeiter, Seeleute und Schmuggler, ist es heute schummriges Schlemmer- und Ausgehviertel mit viel Atmosphäre. Man zieht von Bar zu Bar, bestellt ein oder zwei Tapas – und das stundenlang. Drei Top-Adressen: Bar Santa Ana, Cervecería La Grande, Bar Las Golondrinas.

Samstagvormittag

Auf zur Neuen Welt

Das Aufeinandertreffen von Islam und Christentum während der 700 Jahre dauernden Präsenz der Mauren beflügelte Wissenschaft, Landwirtschaft, Kunst und Architektur. Beim Thema Religion waren die späteren, christlichen (Rück)-Eroberer jedoch weniger tolerant: Wo immer möglich beseitigten sie die Hinweise auf den Islam. So auch in Sevilla, wo man um das Jahr 1400 die wichtigste Moschee in al-Andalus abriss und an ihrer Stelle die Kathedrale Santa María de la Sede erbaute. Erhalten blieben der Hof der Orangenbäume, einst Vorhof der Moschee, und die Giralda, das ehemalige Minarett, das heute als Glockenturm dient.

Die Sevillaner liessen sich mit ihrem Neubau nicht lumpen und stampften in rund 100 Jahren die grösste gotische Kirche der Welt aus dem Boden – die Grösse, die überladene Ausstattung, der gigantische goldfunkelnde Altar hauen einen um. Erleben sollte man eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Spaniens dennoch. Alleine schon, um das Grabmal von Christoph Kolumbus zu sehen, der von Andalusien zu seiner Amerikaentdeckung aufbrach. 

Nicht verpassen: den Aufstieg auf die Giralda. Der Blick über Dächer, Türme, Plätze und den Fluss Guadalquivir ist im klaren Winterlicht besonders grandios.

Samstagmittag/-nachmittag

Tapas und gigantische Pilze

Wenn sich der Magen meldet, lohnt ein Abstecher in die Casa Moreno (Calle Gamazo 7): vorne Delikatessladen, hinten eine der kultigsten Tapas-Bars der Stadt. Der Raum ist klein, der Edelstahltresen alles andere als gemütlich, ein ausgestopfter Stierkopf blickt streng auf die Gäste – doch die kleinen Häppchen auf Butterbrotpapier schmecken nach andalusischer Lebensfreude.

Danach geht es zum Rand der Altstadt, wo zwischen den historischen Häusern zunehmend moderne Bauten auftauchen. Das aufregendste Neubauwerk des 21. Jahrhunderts in Sevilla sind Las Setas – die «Pilze» –, eine filigrane Holzkonstruktion, die den Platz Plaza de la Encarnación überspannt. Auf 26 Metern Höhe befinden sich mehrere Aussichtsplattformen und ein geschwungener Rundweg mit fantastischem Blick auf das Häusermeer. 

Tipp: Nachts verwandelt eine eindrucksvolle Lichtershow die Konstruktion in ein leuchtendes Kunstwerk.

Wer Kunst liebt, spaziert weiter zum Museo de Bellas Artes, eines der wichtigsten Kunstmuseen Spaniens, untergebracht in einem ehemaligen Renaissancekloster. In 14 Sälen hängen Werke der grossen alten spanischen Meister – genug Input, um sich für ein, zwei Stunden in Farben und Geschichte zu verlieren. 

Tipp: Auf dem Weg liegt die traditionsreiche Confitería La Campana, die seit 1885 süsse Leckereien herstellt.

Vom Museum geht es hinunter zum Fluss, dem wir auf der breiten Flaniermeile gen Süden folgen, einst Umschlagplatz für Waren aus der Neuen Welt: Tabak, Schokolade, Mais – und vor allem Gold und Silber. Von hier stach zudem Ferdinand Magellan zu seiner Weltumseglung in See. Im Nachbau seines Schiffs Nao Victoria erfährt man in einer Ausstellung mehr über diese erste Reise rund um den Globus.

Vorbei an der Stierkampfarena und dem Goldenen Turm erreicht man schliesslich den Plaza de España, den vielleicht fotogensten Spot der Stadt. Der halbrunde Platz mit seinen Azulejo-Bildern der 48 Provinzen wirkt wie ein Schloss – kein Wunder, wurde hier schon für Filme wie «Star Wars» gedreht.

Samstagabend

Aperitif und Genuss-Schlemmen

In Spanien isst man nicht vor 21 Uhr Znacht – ideal, um vorher das Aperöle zu zelebrieren. Zu jedem alkoholischen Getränk gibt es in Sevilla übrigens eine kleine Portion Tapas dazu: Salami, Schinken, Sardinen, Pilze – die Bars überbieten sich mit ihren Köstlichkeiten.

Die vielleicht besten Cocktails der Stadt serviert die Bar Naked and Famous (Calle Argote de Molina 21). Die Einrichtung aus farbigem Wellblech wirkt «nackt», dafür sind die Drinks umso berühmter: Die Mixologen haben dafür schon mehrere Preise eingeheimst. 

Wer immer nur in Tapas-Bars oder einfacheren Restaurants isst, mag das Gefühl haben, die spanische Küche sei bodenständig (und lecker), aber nicht sehr raffiniert. Falsch! Spaniens gastronomische Szene kocht auf Weltklasse-Niveau – man muss nur etwas danach suchen. Eine solche Top-Adresse ist das Michelin-Sterne-Restaurant Cañabota (Calle Orfila 5), das sich auf Fisch und Meeresfrüchte spezialisiert hat. Unbedingt das Degustationsmenü probieren, bei dem man mit mehreren Gängen überrascht wird.

Tipp: Neben dem Restaurant betreibt Chef Marcos Nieto auch eine Bar, in der es etwas locker zu- und hergeht.

Sonntag

Jerez de la Frontera – Sherry, Pferde und Flamenco

In nur 45 Minuten per Zug erreicht man Jerez de la Frontera – ideal für einen Halbtagesausflug. Hier wurde der Sherry erfunden; die Mauren nannten die Stadt «Sherish», woraus sich der Name des Drinks ableitete.

Erster Stopp: die Bodega Tio Pepe. Bei Führungen erfährt man, wie Sherry durch die Solera-Methode entsteht, bei der junge Weine mit älteren verschnitten und mit Branntwein auf rund 20 Volumenprozent Alkohol gebracht werden. Gewusst? Sherry darf nur im sogenannten Sherry-Dreieck zwischen Jerez, Sanlúcar de Barrameda und El Puerto de Santa María produziert werden.

Vielleicht schon leicht beschwipst geht es weiter zur Königlichen Andalusischen Reitschule, wo man die spanische Reitkunst bei einer Vorführung bewundern kann. Und wie verabschieden wir uns schliesslich von Andalusien? Ganz klar mit Tapas und Flamenco. Bester Spot in Jerez ist die Bar Tabanco El Pasaje: rustikal, ohne hippen Firlefanz, mit heissem Flamenco, deftigen Tapas. En Guete!

Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen