Darum gehts
Der Hund sitzt auf dem Beifahrersitz, der Mann schweigend auf der Rückbank. Was wie eine Szene aus einem Loriot-Sketch aussieht, gibt es wirklich. In einer Studie von 2023 hatten einmal 35 Prozent der befragten Hundehalter angegeben, dass sie ihrem Hund den Vorzug vor dem menschlichen Partner geben würden.
Die deutsche Psychologin Silke Wechsung forscht seit Jahren an der Universität Bonn (D) zur Mensch-Tier-Beziehung. Gegenüber der «Süddeutschen Zeitung» erklärt sie: «Es gibt Menschen, die ihre zwischenmenschlichen Beziehungen zugunsten der Tiere vernachlässigen.» Und das spürt auch das Tier. Hunde etwa empfinden die Zuneigung ihrer Halterinnen als ein erarbeitetes Privileg – und verteidigen diesen Status oft deutlich.
Die intensive Verbindung zwischen Halter und Tier kann eine menschliche Beziehung stark belasten. In den sozialen Medien finden sich unzählige Videos von eifersüchtigen Vierbeinern. Hunde, die sich zwischen ein Paar ins Bett pfriemeln, Vögel, die an Ohrringen zupfen und Katzen, die dem neuen Freund mit einem gezielten Pfotenschlag die Hackordnung aufzeigen. Aber können Tiere überhaupt eifersüchtig sein?
Gefühlscocktail pur
«Ob Tiere wirklich eifersüchtig sind, ist schwer zu sagen, zumal Eifersucht eine komplexe Emotion ist, deren genaue Definition selbst in der Wissenschaft umstritten ist», erklärt Anneli Muser Leyvraz, Verhaltensveterinärin und Präsidentin der Fachsektion Schweizerische Tierärztliche Vereinigung für Verhaltensmedizin.
Im psychologischen Sinne setzt sich Eifersucht aus Unsicherheit, Angst und dem Bedürfnis nach Bestätigung zusammen. Das Psychologielexikon Pschyrembel definiert sie als «Gefühl von Misstrauen oder Rivalität bezogen auf Liebe, Zuneigung oder Anerkennung. Sie äussert sich in Aggressivität oder Klagsamkeit, die zur (weiteren) Zurückweisung führen kann, wenn die emotionale Grundbefindlichkeit nicht richtig gedeutet wird.»
Auch bei Tieren können solche emotionalen Spannungen auftreten, etwa dann, wenn sie ihre Stellung im sozialen Gefüge bedroht sehen. Hunde und Katzen knurren, fauchen oder beissen im schlimmsten Fall den Störenfried oder reagieren komplett mit Desinteresse. Bei Papageien kann es im Extremfall zu Selbstverletzung kommen, sie rupfen sich mit dem Schnabel die Federn aus. «Wir beobachten dieses Verhalten und deuten es dem Menschen entsprechend als Eifersucht», so Muser Leyvraz.
«Es geht mir gut» oder eben nicht
Wird ein Tier von seiner Hauptbezugsperson vernachlässigt oder spürt es Ablehnung, sucht es nach Sicherheit. Bleibt diese aus, folgen Verhaltensauffälligkeiten.
Ein klassischer Fall sei die Geburt eines Kindes. Wird der Hund nur noch ignoriert, sobald das Baby im Raum ist, verknüpft er es mit diesem negativen Gefühl. Muser Leyvraz rät daher, dem Hund gerade dann Aufmerksamkeit und Zuneigung zu schenken, wenn das Baby auf dem Arm oder Schoss ist. So verbindet der Hund das Kind mit einer positiven Emotion und freut sich über den Familienzuwachs.
Eine starke Bindung an ein Tier erlebte der Schriftsteller Jürg Beeler. Als er seine Partnerin kennenlernte, war er sich sicher: Sie ist die Richtige. Doch er machte die Rechnung nicht mit Friedolin, dem Papagei.
Die Frau hatte ein sehr enges Verhältnis zu ihrem Senegalpapagei und Beeler musste mit ihm um ihre Aufmerksamkeit buhlen. Hinzu kam, dass Senegalesen sehr laute Tiere sind, Beeler aber ein Autor, der stets Orte der Stille aufsuchte. «Es kam tatsächlich zum Moment, als ich meiner Partnerin sagte: Entweder ich oder der Papagei», erzählt Beeler im Gespräch mit Blick. «Als sie dann meinte, dass sie sich das zuerst überlegen müsse, wusste ich, wie es ausgeht.»
Friedolin bleibt also, und Beeler auch. Seine Erfahrung schrieb er in einem autobiographisch inspirierten Buch «Der blinde König und sein Narr» auf. Im Lauf des Buches zeigt sich: Mann und Vogel sind sich ähnlicher, als sie dachten – ausser wenn es um die Musik geht. «Das Faszinierendste für mich war sein Musikgeschmack. Meinen Lieblingskomponisten Schubert mochte er gar nicht, da machte er immer einen Rabatz», sagt Beeler.
Beeler arrangiert sich mit dem Vogel, lernt, ihn sogar zu mögen, und stellt seine Partnerin vor die Herausforderung, dass der Vogel, den sie aufgezogen hat, nun Beeler zu bevorzugen scheint.
Eine starke Bindung an ein Tier erlebte der Schriftsteller Jürg Beeler. Als er seine Partnerin kennenlernte, war er sich sicher: Sie ist die Richtige. Doch er machte die Rechnung nicht mit Friedolin, dem Papagei.
Die Frau hatte ein sehr enges Verhältnis zu ihrem Senegalpapagei und Beeler musste mit ihm um ihre Aufmerksamkeit buhlen. Hinzu kam, dass Senegalesen sehr laute Tiere sind, Beeler aber ein Autor, der stets Orte der Stille aufsuchte. «Es kam tatsächlich zum Moment, als ich meiner Partnerin sagte: Entweder ich oder der Papagei», erzählt Beeler im Gespräch mit Blick. «Als sie dann meinte, dass sie sich das zuerst überlegen müsse, wusste ich, wie es ausgeht.»
Friedolin bleibt also, und Beeler auch. Seine Erfahrung schrieb er in einem autobiographisch inspirierten Buch «Der blinde König und sein Narr» auf. Im Lauf des Buches zeigt sich: Mann und Vogel sind sich ähnlicher, als sie dachten – ausser wenn es um die Musik geht. «Das Faszinierendste für mich war sein Musikgeschmack. Meinen Lieblingskomponisten Schubert mochte er gar nicht, da machte er immer einen Rabatz», sagt Beeler.
Beeler arrangiert sich mit dem Vogel, lernt, ihn sogar zu mögen, und stellt seine Partnerin vor die Herausforderung, dass der Vogel, den sie aufgezogen hat, nun Beeler zu bevorzugen scheint.
Der neue Partner als Konkurrenz
Komplizierter wird es, wenn ein neuer Mensch in das bestehende Verhältnis eintritt. Hunde und Katzen reagieren sensibel auf Körpersprache und Ausstrahlung. «Es ist wichtig, eine positive Grundstimmung zu halten, auch wenn es vielleicht schwerfällt», sagt Muser Leyvraz. Denn das Tier merkt sofort, wenn jemand unsicher oder ablehnend reagiert.
Besonders hilfreich sei es, dem Tier einen eigenen, positiven Rückzugsort einzurichten. Am besten mit all seinen Spielsachen, Lieblingsdecke und Leckerlis. «Der Hund lernt: Das ist mein sicherer Platz. Dort kann ich mich entspannen und werde nicht bedrängt.» Wichtig sei, diesen Platz konsequent zu nutzen – auch wenn der Partner gerade nicht zu Besuch ist. «Tiere durchschauen sehr schnell, wenn ein gewünschtes Verhalten nur situativ abhängig ist», warnt die Expertin.
Was auf keinen Fall helfe, seien Strafen, betont Muser Leyvraz. «Ob Wasserpistole oder ein Klaps auf die Pfote: Es ist schwer, einem Tier verständlich zu machen, warum es bestraft wird.» Im Gegenteil: Die Massnahme erzeugt noch mehr Unsicherheit. «Das Tier begreift nicht, warum seine wichtigste Bezugsperson es in einer ohnehin belastenden Situation zusätzlich zurückweist.» Statt Orientierung und Unterstützung zu erfahren, entstehen Misstrauen und emotionale Distanz, die den eigentlichen Konflikt nur verstärken.
Ob das Haustier zur Beziehungsprobe wird, hängt also nicht allein vom Tier, sondern auch vom Verhalten des Menschen ab. Es ist besser, solchen Situationen vorzubeugen und sein Haustier auf Veränderungen der Lebenssituation rechtzeitig vorzubereiten.