Es ist wieder Grippesaison
Warum sind manche Menschen ständig krank und andere nie?

Häufiges Kranksein ist nicht unbedingt Zeichen eines schwachen Immunsystems. Entscheidender sind die Anzahl täglicher Kontakte mit anderen Menschen. Vitamintabletten helfen kaum, Stress erhöht die Anfälligkeit auf einen Infekt, so der Experte.
Publiziert: vor 34 Minuten
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Aktualisiert: vor 21 Minuten
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Die Grippesaison ist zurück – die einen trifft sie härter und öfter, an anderen rauscht sie ohne grosse Auswirkungen vorbei.
Foto: imago stock&people

Darum gehts

  • Häufigkeit von Erkältungen hängt von sozialen Kontakten und Immunsystem ab
  • Gesunder Lebensstil und Stressreduktion können Infektionsrisiko leicht senken
  • Grippeimpfung senkt das Erkrankungsrisiko um über 50 Prozent
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Evelyne RollasonFreie Journalistin Service-Team

Herbstzeit ist Grippezeit… Doch irgendwie scheint es die einen ständig zu erwischen, während andere gefühlt nie krank werden. Sichtbar wird das zum Beispiel am Arbeitsplatz oder in der Schule, wo die einen Gspänli immer mal wieder wegen einer Grippe oder Erkältung ausfallen, während andere munter und fit jeden Schul- oder Arbeitstag antreten.

Aber woran liegt es eigentlich, dass manche Menschen offenbar ein sehr robustes Immunsystem haben und andere ein dauernd geschwächtes? Ist das genetisch veranlagt, oder hat ein gesunder Lebensstil, eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Sport und Schlaf tatsächlich eine direkte Auswirkung darauf, wie oft wir krank werden? 

Blick hat bei Dr. med. Philipp Jent nachgefragt. Er ist stellvertretender Chefarzt und Leiter der Infektionsprävention und -kontrolle an der Universitätsklinik für Infektiologie am Inselspital Bern.

Warum sind manche Menschen ständig krank und andere nie?
Dr. med. Philipp Jent: Die Anzahl der täglichen Kontakte ist etwa bei Erkältungen der wichtigste Faktor für eine Erkrankung. Menschen mit vielen sozialen oder beruflichen Kontakten infizieren sich deutlich häufiger – besonders Eltern von kleinen Kindern wissen, dass Kinder in Kita, Kindergarten oder Schule Infektionen sehr effizient weitergeben. Natürlich spielt auch das Immunsystem eine Rolle. Dieser Einfluss wird jedoch vor allem dann sichtbar, wenn eine relevante Störung des Immunsystems besteht. Solche Defekte fallen oft erst durch eine ungewöhnlich hohe Zahl von Infektionen auf.

Dr. med. Philipp Jent ist stellvertretender Chefarzt und Leiter der Infektionsprävention und -kontrolle an der Universitätsklinik für Infektiologie am Inselspital Bern.
Foto: PASCAL GUGLER © Insel Gruppe AG

Hat ein gesunder Lebensstil eine direkte Auswirkung?
Ein gesunder Lebensstil wirkt sich auf viele Bereiche positiv aus und kann auch das Risiko für Infektionen leicht senken – allerdings weniger stark, als häufig angenommen wird. Dennoch sind regelmässige Bewegung, ausgewogene Ernährung und ausreichender Schlaf unbedingt empfehlenswert, da sie das allgemeine Wohlbefinden und die Erholung fördern.

Ist ein schwaches Immunsystem genetisch veranlagt?
Es gibt genetische Defekte, die mit einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen einhergehen. In der Praxis überwiegen bei Erkältungserkrankungen jedoch andere Faktoren – insbesondere, wie stark wir Krankheitserregern ausgesetzt sind und ob wir durch eine kürzlich durchgemachte Infektion eine gewisse Immunität gegen den gleichen Erreger aufgebaut haben. Meist infizieren wir uns nicht unmittelbar erneut mit demselben Virus.

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Welche Rolle spielt das Alter?
Mit zunehmendem Alter steigt die Anfälligkeit für Infektionen, da verschiedene Komponenten des Immunsystems weniger effizient arbeiten. Hinzu kommen Veränderungen wie trockenere Schleimhäute. Noch stärker nimmt jedoch das Risiko für einen schwereren Krankheitsverlauf zu – einerseits durch die altersbedingte Immunveränderung, andererseits, weil ältere Menschen häufiger an chronischen Erkrankungen leiden. Eine Lungenentzündung tritt zum Beispiel eher auf, wenn bereits eine Lungenschädigung besteht.

Machen Stress und psychische Belastung öfter krank?
Ja, dieser Zusammenhang ist gut belegt. In zahlreichen Studien – auch solchen, in denen Versuchspersonen gezielt Erkältungsviren ausgesetzt wurden – zeigte sich, dass Stress die Infektanfälligkeit erhöht. Der Mechanismus ist noch nicht vollständig verstanden, doch Stress verändert chemische Botenstoffe, die das Immunsystem regulieren.

Kann es ein persönliches Empfinden sein, wie stark ein Infekt wahrgenommen wird?
Das spielt tatsächlich eine grosse Rolle. Die Wahrnehmung und der Leidensdruck bei vergleichbaren Infektionen unterscheiden sich zwischen Personen oft erheblich – sowohl aus persönlicher Erfahrung als auch aus der klinischen Beobachtung kann ich das bestätigen.

Helfen Vitamintabletten und Co., weniger oft zu erkranken?
Leider kaum. Nur bei einem ausgeprägten Vitaminmangel – insbesondere von Vitamin D – kann die Infektanfälligkeit durch eine Korrektur des Mangels etwas reduziert werden. Darüber hinaus gibt es keinen überzeugenden Nachweis, dass Vitaminpräparate gesunde Menschen vor Erkältungen schützen.

Was kann man gegen häufiges Kranksein tun?
Ein gesunder Lebensstil ist, wie erwähnt, hilfreich. Zusätzlich kann man versuchen, in Zeiten mit hoher Viruszirkulation stark frequentierte Innenräume zu meiden, regelmässig zu lüften oder bei Bedarf eine Maske zu tragen.

Gegen Grippe (Influenza) schützt die jährliche Impfung – sie senkt das Risiko um über die Hälfte. Für Risikopersonen ist auch die COVID-19-Impfung weiterhin empfehlenswert. Wer mit besonders gefährdeten Personen in Kontakt steht, sollte bei eigenen Erkältungssymptomen auf Besuche verzichten oder eine Maske tragen.

Bei einer Erkältung können Nasenspülungen mit Salzwasser die Krankheitsdauer leicht verkürzen, möglicherweise auch Zinksprays. Hausmittel helfen zudem, Beschwerden zu lindern. Wer jedoch auffällig häufig krank ist, sollte dies bei der Hausärztin oder dem Hausarzt besprechen – in Einzelfällen ist eine weiterführende Abklärung sinnvoll.

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