Do-it-yourself-Putzmittel

Was Meister Proper kann, kann ich auch

Wer auf Reinigungsmitteln das Kleingedruckte liest, muss starke Nerven haben. «Verursacht schwere Augenschäden», steht dort. Oder: «Darf nicht eingeatmet werden.»

Wie schädlich herkömmliche Produkte sein können, zeigt eine Langzeitstudie der Universität Bergen (Norwegen) aus dem Jahr 2018. Probanden waren Reinigungskräfte, die während zwanzig Jahren mit Dämpfen von Ammoniak, Phosphaten und Kaliumhydroxid in Berührung kamen. Ihre Lungen waren genauso schwach wie die eines Rauchers, der zwanzig Jahre lang täglich ein Päckchen Zigaretten raucht.

Bio ist Big Business

Kein Wunder, gewinnen gesundheitsverträgliche Reinigungsmittel an Beliebtheit. Das Schweizer Unternehmen Held wurde bereits 2003 vom belgischen Millionenunternehmen Ecover übernommen. Heute verkauft es biologisch abbaubares Wasch- und Reinigungsmittel in über 40 Ländern.

Der neuste Trend geht nun noch einen Schritt weiter. Inspiriert von Sachbüchern wie «Fünf Hausmittel ersetzen eine Drogerie» oder «Das Natron-Handbuch: Ein Mittel für fast alles» stellen immer mehr Menschen ihr Reinigungsmittel selbst her. Es ist wie beim Essen: Wer genau wissen will, was in seinen Körper gelangt, muss es selbst kochen.

Schwitzen fürs Gewissen

Doch wie effizient sind sie tatsächlich – die selbst gemachten Mittelchen? Erfahrungsberichte auf diversen Blogs und Webseiten zeigen, dass ihre Anwender mit dem Grad an Sauberkeit zufrieden sind, dafür aber härter arbeiten. Wer ökologisch Böden schrubbt, braucht mehr Muskelkraft, bis alles sauber glänzt, als bei einem herkömmlichen Reiniger. Geschirr muss er von hartnäckigem Schmutz befreien, bevor es in die Maschine kommt.

Die Deutsche Andrea Sokol ist eine von vielen Youtuberinnen, die in sogenannten Tutorials vormacht, wie es geht. Auf ihrem Kanal «Ohlala und Solala» mixt sie zum Beispiel Zitronenschnitze, Wasser, Essig, Natron und Salz zu einem Abwaschmittel für die Spülmaschine.

Ihre Mittelchen füllt sie in schön beschriftete Einmachgläser und stylische Sprühflaschen. «Mit diesen Do-it-yourself-Putzmitteln wollt ihr gar nicht mehr aufhören zu putzen», verspricht sie dem Zuschauer.

Schrubben wie früher

Die Rezepte der Öko-Influencer sind alles andere als neu. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren sie weit verbreitet, abgesehen von der Kernseife gab es dazu kaum Alternativen. Um 1950 kamen die ersten chemischen Mittel auf den Markt. Sie waren vorwiegend petrochemisch, also aus Erdöl oder -gas hergestellt.

Selbst hergestelltes Putzmittel besteht im Wesentlichen aus Essig, Zitronensäure, Natron oder Waschsoda. Essig und Zitronensäure können mit Wasser verdünnt als Universalreiniger zum Abwischen jeglicher Flächen im Haushalt oder als Kalkentferner eingesetzt werden.

Natron hilft gegen starke Verschmutzungen wie beispielsweise Rückstände im Backofen. Waschsoda bekämpft Fett und entfernt Verkrustungen. Chemische Duftstoffe enthalten sie nicht. Bye-bye Passionsfrucht-, bye-bye Granatapfel-Duft.