Darum gehts
Blick: Was braucht es, um mit dem Schwingsport zu beginnen?
Thomas Notter (45): Freude und einen gewissen Ehrgeiz. Und man muss mit dem Sägemehl klarkommen. Wenn das Kind das erfüllt und gerne draussen ist, dann soll es das Schwingen ausprobieren. Es muss nicht besonders gross, schwer oder stark sein.
Welcher Schwung ist der erste, den die Kinder lernen?
Das ideale Einstiegsalter ist zwischen fünf und sechs, daher muss das Training sehr spielerisch sein. Das erste Jahr besteht daraus, auf alle Seiten einmal einen Schwung kennenzulernen.
Wie erkennen Sie, ob ein Kind Talent zum Schwingen hat?
Die jungen Jahre sind nicht von einem Leistungsgedanken getrieben. Die Freude am Sport steht im Vordergrund. Talent erkennt man in den frühen Jahren noch nicht. Manche Kinder sind beweglicher oder sehr flink. Das ist aber nicht per se Talent, sondern etwas, womit man arbeiten kann.
Thomas Notter (45) ist Technischer Leiter Jungschwingen des Eidgenössischen Schwingerverbandes. In dieser Funktion ist er für alle Jungschwinger bis 16 Jahre verantwortlich. Er selbst war 24 Jahre lang aktiv als Schwinger und dreimal für das ESAF selektioniert. Beim ersten Mal war er 21 Jahre alt.
Thomas Notter (45) ist Technischer Leiter Jungschwingen des Eidgenössischen Schwingerverbandes. In dieser Funktion ist er für alle Jungschwinger bis 16 Jahre verantwortlich. Er selbst war 24 Jahre lang aktiv als Schwinger und dreimal für das ESAF selektioniert. Beim ersten Mal war er 21 Jahre alt.
Wie können Eltern das Interesse ihrer Kinder unterstützen?
Die Eltern müssen bereit sein, das Kind ins Training zu bringen, und sie müssen wissen, dass sie ständig Sägemehl auswaschen werden. Wenn man das nicht kennt und dann den Tumbler voller Späne hat, ist das schon eine Umstellung. Und sicher auch die Begleitung an Schwingfeste. Es ist ein sehr familiärer Austausch, mir gefällt das, aber man muss das wissen.
Werden die Kinder für ihr Interesse am Schwingen gehänselt?
Bei mir war das noch so, dass man schnell als «Bauer» abgestempelt wurde. Schwingen ist eine Lebensschule. Man muss nicht nur mit Niederlagen umgehen, sondern auch mit Gegenwind. Und wenn es einem wichtig ist, muss man dafür einstehen. Dann zeigt man auf dem Pausenplatz einen Schwung und holt sich wieder Respekt ein. Es ist aber viel einfacher geworden; heute ist Schwingen cool.
Hat sich das Interesse am Sport in den letzten Jahren verändert?
Ja, ich würde schon sagen. Ich habe mit dem Schwingen angefangen, weil mein Vater, der selbst Schwinger war, meinte, ich solle es ausprobieren. Jetzt kommen die Kinder, weil sie in den Medien davon hören. Wir haben konstant viele Jungschwinger, und auch das Interesse am Schnuppertag steigt. Beim letzten Event hatten wir über zweitausend Interessierte in der ganzen Schweiz, davon dreihundert Mädchen.
Gibt es genug Schwingclubs in der Schweiz, um das Interesse zu abzudecken?
Wir haben 168 Schwingclubs in der Schweiz. Das ist von der Anzahl her gut. Wir haben Ballungszentren in den Innerschweizer Kantonen, wo fast jede Gemeinde einen Club hat. In anderen Regionen gibt es Orte, da muss man eine Stunde fahren, um ins Training zu kommen.
Was bedeuten die Kürzungen von J&S für den Schwingsport?
Das ist eine Katastrophe für jede Sportart, auch für das Schwingen. Man spart dort, wo es eigentlich am wichtigsten ist: Bei den Kindern, bei der freiwilligen Arbeit, bei den Trainerinnen und Trainern, die sich Zeit nehmen und Trainingslager anbieten. Das wird einen Boomerang geben.
Inwiefern?
Die Clubs investieren viel in die Schwinghallen und Schwingkeller, die Grundlagen des Schwingens, aber mussten die Beiträge nicht erhöhen. Schwingen ist kein Sport für die Reichen, das kann und soll sich jeder leisten können. Es gibt Clubs, da kostet eine Mitgliedschaft zehn Franken. Aber das Gehäuse muss irgendwie gedeckt werden, und dafür sind die J+S-Beiträge eine wichtige Quelle.
Wie sieht die Förderung von Mädchen in dem Sport aus?
Letztes Jahr haben wir eingeführt, dass Mädchen bei den Jungs mitschwingen. Das heisst, jedes Mädchen macht bis zum 10. Lebensjahr an Jungschwingertagen mit, wenn es bei der Schwingerhilfskasse versichert und einem ESV-Schwingklub angehörig ist.
Vorher schwangen die kleinen Mädchen separat?
Der Eidgenössische Frauenschwingverband hat etwa 600 Mitglieder. Wir haben 68’000 Mitglieder. Dies widerspiegelt sich auch in der Anzahl der Funktionäre, was einen Einfluss auf die Organisation der Schwingfeste hat. Dadurch können Frauen weniger Schwingfeste anbieten. Vor 20 Jahren war es so, dass Mädchen mit den Jungs mitmachten, dann fiel das weg. Nun haben wir uns darauf geeinigt, dass Mädchen und Buben durchmischt schwingen.
Werden die Mädchen anders trainiert als Jungs?
Nein, im Trainingsaufbau besteht kein Unterschied. Meiner Erfahrung nach sind Mädchen den Jungs bis im Alter von zehn Jahren etwas voraus. Sie sind sehr konzentriert, wenn es darum geht, Schwingen zu lernen. Wenn die Pubertät anfängt, geht es körperlich auseinander. Ausserdem kommen gewisse Hemmungen auf.
Am Eidgenössischen sind keine Kinder, die jüngsten Teilnehmer sind 16 Jahre alt. Hat einer von ihnen Chancen, zu gewinnen?
Grundsätzlich hat jeder eine Chance, der mitmachen darf. Trotzdem ist es eher unwahrscheinlich. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals ein Jungschwinger unter 18 gewonnen hat. Hier muss man die körperlichen Voraussetzungen mitbringen, die Entwicklung muss grösstenteils abgeschlossen sein. Und das ist mit 16 bei den wenigsten der Fall.
Um am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest teilzunehmen, muss man selektioniert werden. Die Selektion erfolgt durch die Teilverbände. Es werden je nach Verteilschlüssel Schwinger ausgewählt, die bei Kranzschwingfesten die meisten Kränze gesammelt haben. Zum Beispiel dürfen für die Nordwestschweiz 30 Schwinger teilnehmen. So selektiert jeder Teilverband seine Schwinger für das ESAF – dieses Jahr nehmen 274 Schwinger teil.
Um am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest teilzunehmen, muss man selektioniert werden. Die Selektion erfolgt durch die Teilverbände. Es werden je nach Verteilschlüssel Schwinger ausgewählt, die bei Kranzschwingfesten die meisten Kränze gesammelt haben. Zum Beispiel dürfen für die Nordwestschweiz 30 Schwinger teilnehmen. So selektiert jeder Teilverband seine Schwinger für das ESAF – dieses Jahr nehmen 274 Schwinger teil.
Warum nehmen sie dann teil?
Um Erfahrungen zu sammeln. Wir geben Jungen gern die Chance, sich im Sägemehl des ESAF zu wälzen. Wenn wir die Wahl haben zwischen zwei Schwingern mit der gleichen Leistung, nehmen wir tendenziell den Jüngeren ans ESAF. Dieser hat seine Karriere noch vor sich und profitiert ungemein von dieser Erfahrung. Es ist das einzige Schwingfest, das zwei Tage dauert. Das ist ein riesiger Unterschied bei der Kräfteverteilung. Wenn einer mit 16 das erste Mal an einem Eidgenössischen ist, das alle drei Jahre stattfindet, dann ist er das nächste Mal 19 Jahre alt und vielleicht schon ein guter Kandidat für einen Kranz.
Es geht also auch darum, den Ehrgeiz zu wecken.
Genau, es schauen 55’000 Zuschauerinnen und Zuschauer zu. Das ist schon ein Erlebnis, wenn du in den Ring einläufst. Es ist laut, auf dem Nebenplatz gewinnt einer, und alle jubeln oder es ist sonst ein Tumult auf diesen Plätzen – da musst du dich schon konzentrieren. Ich habe dreimal teilgenommen, erstmals mit 21. Man wird schnell ein bisschen ehrfürchtig.