Darum gehts
Freundinnen und Freunde sind für Kinder extrem wichtig. Mit ihnen erleben sie Abenteuer, teilen Geheimnisse und lernen, Kompromisse zu finden. Das Zusammensein mit Gleichaltrigen stärkt zudem soziale Kompetenzen, die im Erwachsenenalter essenziell sind.
Nun gibt es aber Freundschaften, die von den Eltern nicht gerne gesehen werden. Beispielsweise, weil sie befürchten, das andere Kind habe einen schlechten Einfluss aufs eigene Kind, weil dessen Eltern komplett andere Werte vertreten oder weil ihnen die Kameradin oder der Kamerad schlicht nicht sympathisch ist. Wie reagiert man dann als Elternteil richtig?
Christina Häberlin, Kinder- und Jugendpsychologin von der Beratungsstelle Pinocchio in Zürich, stellt klar: «Grundsätzlich müssen nicht die Eltern die Freunde mögen, sondern das Kind.» Ausserdem könne man kaum steuern, wen der Nachwuchs mag und wen nicht. Bei kleinen Kindern habe man jedoch noch einen grossen Einfluss darauf, mit wem sie Zeit verbringen – und dieser Einfluss werde in der Regel auch ausgeübt: Da sich das Kind noch nicht selbstständig mit anderen Kindern treffen kann, spielt es automatisch mit den Kindern befreundeter Eltern.
In der Kita und im Kindergarten haben Kinder dann die Möglichkeit, Spielgefährten selbst auszuwählen. «Haben Eltern das Gefühl, ihr Kind werde dort von seinen Gspänli nicht gut behandelt, lohnt es sich, mit den Betreuungspersonen zu sprechen», rät Christina Häberlin. Diese sollen nicht den Kontakt unterbinden, aber ein Auge auf den Umgang zwischen den Kindern haben. So könne sich auch zeigen, dass vielleicht nicht immer das fremde Kind der Übeltäter oder die Übeltäterin ist und das eigene ebenfalls seinen Teil zu Streitereien beiträgt.
Vorsichtiger Umgang und Verständnis bei Jugendlichen
Schwieriger ist die Situation bei Jugendlichen. «Kritisiert man die Freundinnen und Freunde von Teenagern, trifft man sie im eigenen Kern», sagt Häberlin. Jugendliche identifizieren sich stark mit ihren Freunden – und Kritik an ihnen werde dann oft als Kritik an einem selbst verstanden. Deshalb sollten Eltern versuchen, ihre Beobachtungen und Befürchtungen vorsichtig und respektvoll mit dem eigenen Kind zu diskutieren. Zudem sollten sie sich dafür interessieren, weshalb das Kind an dieser Freundschaft hängt und das auch anerkennen.
Allerdings gibt es auch Dinge, die ein rigoroseres Vorgehen erfordern. Zum Beispiel, wenn die Grenze zur Legalität überschritten wird und die Freunde von Teenagern klauen oder Drogen konsumieren. «Dann sollten Eltern Stellung beziehen und etwa sagen: ‹Kiffen ist inakzeptabel. ›» Schaffe es das Kind nicht, in seiner Clique darauf zu verzichten, könne man erklären, dass man den Umgang mit diesen Freunden nicht toleriere. «Die Frage ist jedoch, ob ein Kontaktverbot auch tatsächlich eingehalten wird», gibt Christina Häberlin zu bedenken. Doch selbst wenn das nicht der Fall ist, sei es wichtig, eine klare Position zu vertreten: «Das gibt den Jugendlichen Orientierung.»
Klare Haltung bei inakzeptablen Ansichten
Ebenfalls das Gespräch mit dem Kind suchen sollten Eltern, wenn sie erfahren, dass der Freund oder die Freundin völlig andere Werte vertritt – wenn sie etwa rassistisch oder homophob sind. Auch dann ist es wichtig, die eigenen Ansichten klar zu vermitteln und das Kind oder den Jugendlichen zum kritischen Nachdenken anzuregen. «Soll das eigene Kind zu politischen oder religiösen Veranstaltungen mitgenommen werden, die den eigenen Werten widersprechen, dürfen Eltern die Teilnahme untersagen», findet Christina Häberlin. Die Psychologin sagt weiter: «In einem solchen Fall muss man womöglich das Kind unterstützen, indem man selbst die anderen Eltern anruft und erklärt, dass man eine andere Haltung hat.»
Wichtig sei generell, dem Kind auf Augenhöhe zu begegnen und im Gespräch zu bleiben. Für das Kind kann es bereichernd sein, andere Lebensrealitäten ausserhalb der eigenen Familie kennenzulernen. Christina Häberlin sagt dazu: «Im Idealfall diskutiert man darüber, weshalb zu Hause gewisse Regeln oder Werte gelten, die in fremden Familien anders ausgelegt werden.»