Wissenschaftler haben vier neue Killerschwämme entdeckt. Was nach dem spannenden Plot eines Horrorfilms tönt, ist für den Meeresbiologen Lonny Lundsten und sein Team eine echte Sensation. Zwar werden die Tiefsee-Schwämme keine Taucher fangen und fressen – wohl aber kleine Krebse.
Die meisten Schwämme filtern ihr Futter – Bakterien und Einzeller – aus dem Wasser. Spezialisierte Zellen (Chanocyten) mit einer kleinen, schwingenden Geissel im Innenraum erzeugen einen konstanten Wasserstrom, der das Futter zum Schwamm bringt.
Krebstiere auf dem Menüplan
Wie Lundsten im internationalen Fachmagazin «Zootaxa» schreibt, braucht diese Form der Ernährung aber sehr viel Energie. Ausserdem sei die Futterbeschaffung in der Tiefsee schwierig. Killerschwämme hätten ihren Menüplan darum auf nährstoffreichere Beute wie Krebstiere ausgeweitet.
Dass manche Schwämme Fleischfresser sind, ist bereits seit zwanzig Jahren bekannt. Gefunden wurden seither aber nur sieben Arten, alle davon im Nordost-Pazifik. Die neuen vier Killerschwammarten entdeckten Lundsten und zwei kanadische Forscher auf dem Meeresboden entlang der Pazifikküste von Kalifornien bis hinauf nach Vancouver.
«Asbestopluma rickettsi», «Asbestopluma monticola», «Cladorhiza cailllieti» und «Cladorhiza evae» sehen nicht gerade wie klassische Schwämme aus. Vielmehr erinnern sie an kahle Zweige oder kleine Sträucher, die mit feinen Haaren überdeckt sind.
Ganze Bündel von Haken
Ein Blick durchs Mikroskop verrät das Jagdgeheimnis der hungrigen Schwämme: Die vermeintlich harmlosen Haare sind dicht gepackte Hakenbündel, an denen kleine Tiere hängen bleiben. Einmal eingehakt, geht es den Beutetieren rasch an den Kragen: Nach wenigen Stunden beginnt der Killerschwamm zu verdauen und ein paar Tage später zeugt nur noch eine leere Schale vom leckeren Mahl.
Einer der vier neuen Neuen – «Asbestopluma rickettsi» – wurde nach dem Meeresbiologen Ed Ricketts benannt. Die Forscher beobachteten den Killerschwamm an zwei verschiedenen Stellen vor der Küste Südkaliforniens. Einer der Schwämme lebte in der Nachbarschaft von Muschel- und Röhrenwürmer-Kolonien. Diese nutzen Bakterien, die für sie Nahrung aus Methan gewinnen, das aus dem Meeresboden sickert. Obwohl der betreffende Killerschwamm über Stacheln verfügte, entdeckten die Forscher kein einziges Tier, das sich darin verfangen hatte. Sie schlossen daraus, dass «Asbestopluma rickettsi» – bei Bedarf – wie seine Nachbarn Bakterien als Nahrungsbeschaffer nutzen kann.