BLICK-Kolumnist Simon Jäggi über die stille Rückkehr des Fischotters
Otter ahoi

Die Fischotter galten in der Schweiz als ausgestorben. Man dachte, sie fänden hier keinen Lebensraum mehr. Doch fast heimlich kehren sie nun zurück – mit weniger Getöse als Bär und Wolf.
Publiziert: 13.04.2018 um 21:20 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2019 um 11:26 Uhr
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Simon Jäggi schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK über die Welt der Tiere.
Foto: Thomas Buchwalder
Simon Jäggi

Es gibt diese Netzroller in der Geschichte der Menschheit. Ereignisse, die auf zwei Seiten hätten kippen können – und scheinbar nur durch einen Wimpernschlag entschieden wurden.

Wegen eines solchen Netzrollers sagen wir heute «Hallo» am Telefon – und nicht «Ahoi». Als verhinderter Seemann, der fälschlicherweise in einem Binnenstaat geboren wurde, hätte ich freilich Ahoi bevorzugt. Aber bei der Entwicklung des Telefonapparates setzte sich Thomas Edison gegen Alexander Graham Bell durch. Edison schlug Hallo zur Begrüssung vor, Bell Ahoi.

Die Fischotter kehren in die Schweiz zurück, nachdem sie ab 1990 als ausgestorben galten
Foto: Getty Images

Hallo sagen auch die Fischotter. Hallo Schweiz. Die Fischotter kehren zurück, nachdem sie ab 1990 als ausgestorben galten – und man damit rechnete, dass unser Land keinen Lebensraum mehr bieten kann. Ein Beispiel: 4000 Kilometer Bachläufe verlaufen hierzulande unterirdisch. Zwar gab es in den letzten 30 Jahren erfreuliche Renaturierungsprojekte, grundlegend hat sich die Situation aber nicht verändert.

Die «Berner Zelle» der Otter 

Dass er wieder kommt, hat vor allem damit zu tun, dass er sich in allen Nachbarländern ausgebreitet hat. Die Rückkehr geht bislang relativ still vonstatten – im Vergleich zu jener von Bär und Wolf. Wie viele Otter bereits heimisch sind, weiss niemand genau. Seit 2009 fanden sich Nachweise an der Aare, an der Rhone, am Rhein, am Inn und am Ticino. An der Aare ist sogar von einer «Berner Zelle» die Rede, offenbar leben auf der Strecke nach Thun bereits sieben Tiere.

Einer der wenigen Menschen, die bereits einen der glorreichen Sieben zu Gesicht bekommen hat, arbeitet bei mir im Museum. Beatrice Baeriswyl engagiert sich für Pro Lutra. Die Stiftung begleitet die Rückkehr des putzigen Tieres. Pro Lutra hat im Kanton Bern Gebiete kartiert und wird künftig die Ausbreitung dokumentieren.

Eine Bitte an die Fischer

Fischotter brauchen ziemlich grosse Territorien, ein Männchen beansprucht bis 20 Kilometer eines Gewässers. Baeriswyl hat einen Tipp, wo man Reviermarkierungen findet: Die Wassermarder hinterlassen gerne ihren süsslich riechenden Kot an exponierten Stellen, zum Beispiel unter einer Brücke oder einem markanten Stein am Ufer.

Der Name sagt alles: Auf dem Speiseplan des Otters stehen Fische. Als Sohn eines eingefleischten Fischers liegen mir auch Fische sehr am Herzen. Deren Situation ist alarmierend. Ich hoffe aber, dass die Fischer ihre Kräfte für den Kampf für möglichst viele naturnahe Gewässer einsetzen und auch sie die Otter mit einem warmen Ahoi begrüssen. 

Simon Jäggi (37) ist Sänger der Rockband Kummer­buben, arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern und hält Hühner. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. Wissenschaftlicher Rat: Prof. Christian Kropf.

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