Wer Kleider für Frauen entwerfe, müsse nicht nur wissen, wie diese aussehen wollen, sagte Dior-Chefdesignerin Maria Grazia Chiuri (50) jüngst in einem Interview. «Es geht darum, zu verstehen, wie sie fühlen und denken.»
Wie fühlen und denken Frauen, wenn der Herbst vor der Tür steht? Wohl nicht anders als Männer. Sie wollen nicht frieren und trotzdem eine gute Figur machen.
Viele Designer habe sich das für die neue Saison zu Herzen genommen und eine fliessend geschnittene, sinnliche Mode aus Wohlfühl-Materialien entworfen, die ohne nackte Haut und offensiv betonte Kurven auskommt.
Der grösste Trend im Herbst und Winter ist aber eine Farbe: Rot. Kein Bordeaux, kein Rosa, nein, ein kraftvolles Knallrot. Es kommt bei maskulin karierten Mänteln, Abendkleidern oder breitschultrigen Blazern zum Einsatz, die Laufstegmodels ohne sichtbare Röcke oder Hosen vorführen. Dafür mit dicken Strumpfhosen oder Overknee-Stiefeln.
Balenciaga lancierte Anfang 2017 bereits ein Zwei-in-einem-Modell aus High Heel und Strumpf, den andere Marken aufnehmen. Auch Balenciagas geblümte Sofa-Stoff-Kleider setzen sich durch. Florale Prints, oft in Form roter Rosen, sind für einmal auch im Winter ein Thema.
Gleichzeitig kommt die erste Calvin-Klein-Kollektion in die Läden, die Superstar-Designer Raf Simons (49) kreierte. Der Belgier modernisiert den Western-Look mit seinen Jeans-Hemden, die über einem Rollkragenpulli zu hoch geschnittenen Jeans und Cowboy-Boots getragen werden.
Stoffverkäufer machen wieder gute Geschäfte
Amerikanische Folklore beeinflusst gerade viele Designer. Dazu gehören schwere Patchworkstoffe, aufwendige Stickereien und alles, was nach Handwerk aussieht. Oft gesehen sind auf den Laufstegen auch Federn exotischer Tiere wie die des Aasfressers Marabu. Oder die stets beliebte Jacke aus Lammfell.
Nicht nur was die Opulenz der Materialen betrifft, reiben sich Hersteller die Hände. Schon lange durften Stoffverkäufer nicht mehr so viele Quadratmeter an die Modehäuser liefern. Die Hose der Stunde ist zum Beispiel so weit geschnitten, dass sie fast nicht mehr als solche erkennbar ist.
Wer trotzdem noch Röcke bevorzugt, trägt sie wadenlang zu Pullovern in Übergrösse oder zu Blusen mit geriffelten Stehkragen im viktorianischen Stil. Und wer der Schweiz treu bleiben will, findet den gestrickten Ski-Pullover jetzt wieder in den Läden, allerdings in einer Version, die nicht schon beim Anblick Platzangst auslöst. Dasselbe gilt für die Neuauflage der Manchesterhose, die in fröhlichen Farben ums Bein herumschlabbert.