Lila Latzhose war Symbol der Frauenbewegung
Farbe mit Sprengkraft

Die lila Latzhose war in den 1970er-Jahren das Erkennungszeichen der Frauenbewegung. Die Hose ist in der Versenkung verschwunden, die Farbe aber strahlt noch immer für Gleichberechtigung.
Publiziert: 08.03.2017 um 10:01 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 17:11 Uhr
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Die lila Latzhose: In den 1970er-Jahren das Erkennungszeichen der Frauenbewegung.
Jonas Dreyfus

Es ist ein Outfit mit Symbolkraft. Nach ihrer Wahlniederlage tritt Hillary Clinton (69) in einem grauen Hosenanzug mit violettem Kragen vor ihre Anhänger. Dazu trägt sie eine violette Bluse. In ihrer Abschiedsrede ruft sie das Land zur Einigkeit auf. Dass die Politikerin, die als erste US-Präsidentin in die Geschichte hätte eingehen können, in diesem denkwürdigen Moment die Farben der Frauenbewegung auf der Brust trägt, sagt mehr aus als tausend Worte.

Demonstrieren in selbst­ gestrickten Pussyhats

Plötzlich ist Violett wieder mehr als eine angesagte Modefarbe. Sie ist ein Bekenntnis im Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter. An Demonstrationen gegen ­Sexismus leuchten sogenannte Pussyhats. Die Mützen mit Katzenohren sind aus pinker Wolle gestrickt und Stars wie Katy ­Perry (32) tragen am Women’s March in Washington Kleider in Lilatönen – als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.

Das war nicht immer so. Trug eine Frau vor fünfzig Jahren Lila, galt sie schnell als Männerhasserin. Massgeblich daran ­beteiligt war die lila Latzhose, das Erkennungszeichen der Emanzen und Hassobjekt der Machos. Ihr Konzept: Die Farbe der Frauenbewegung wird mit einem typisch männlichen, nicht sonderlich vorteilhaften Kleidungsstück verbunden. «Lila schützt vor Schwangerschaft» war nur einer der sexistischen Macho-Sprüche, die dieser Aufzug ­damals provozierte.


Eine Redaktorin der deutschen Zeitung «Taz» trug das ­Relikt aus den 1970er-Jahren vor ein paar Jahren eine Woche lang im Alltag, im Rahmen eines Selbstversuchs. Die Reaktionen reichten von «Ach, wie schön, eine Latzhose!» bis zu «So eine hatte ich als Kind auch». Nur die feministische Botschaft schien niemand mehr zu erkennen.

F­azit der Redaktorin: «Das Symbol war so lange weg, dass es nun offenbar keines mehr ist.»Die Mode macht es Menschen, die mit Kleidung ihre Gesinnung zum Ausdruck bringen wollen, generell schwierig. Ist der Typ, der mit Springerstiefeln im Tram sitzt, rechtsradikal oder einfach nur modischer Avantgardist? Schwierig zu sagen.

Ein Vermischung von ­Mädchen- und Bubenfarbe

Auch wer violette Kleidung trägt, ist nicht zwingend Feministin. Möglicherweise steckt auch ein Mann oder ein kleines Mädchen darin. Trotzdem hält sich die Mischung aus dem «weiblichen» Rosa und dem «männlichen» Blau schon seit Ende des 19. Jahrhunderts als Symbol für Geschlechtergleichheit. Damals zogen die englischen Suffragetten mit lila Schärpen durch die Strassen und forderten das weibliche Stimmrecht. In den 1920er-Jahren avanciert Violett in Deutschland zur Farbe der Frauenliebe und Homosexuellen.

Von den rauschenden Festen, die man damals in Berlin feierte, bis zur lila Latzhose verging ein halbes Jahrhundert. In dieser Zeit dominierten andere ideologisch aufgeladene Farben: Braun und Rot. Hoffen wir, dass Violett jetzt ein Weilchen ­bleiben darf.

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