Dadcore erobert die Laufstege
Papi ist jetzt hip

Väter als Musen der Designer – ­daran müssen wir uns jetzt gewöhnen. Der Trend heisst Dadcore und ist gekommen, um zu bleiben.
Publiziert: 31.07.2017 um 10:31 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:13 Uhr
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Balenciaga schickte Männermodels mit ihren Kindern über den Laufsteg im Pariser Park Bois de Boulogne.
Foto: Gamma-Rapho via Getty Images
Jonas Dreyfus

Jahrelang lachten Männer über Designerkleider: zu feminin, zu unbequem, schlichtweg peinlich kamen sie ihnen vor, entworfen von Schwulen für Schwule.

Damit ist jetzt Schluss. Die Kollektionen der Männermode­wochen in London, Mailand, Paris und New York, die vergangene ­Woche endeten, zeigten für 2018 einen Look, den viele Männer bereits jetzt jeden Morgen im Spiegel sehen: Dadcore.

Das Modewort bedeutet so viel wie «hardcore väterlich» und beschreibt den funktionalen Normalo-Stil, in dem sich viele Daddys gerne kleiden. Vor allem in den USA. Dort feiert selbst Ex-Präsident Barack Obama (55) sein zurück­gewonnenes Familienleben in Dadjeans, dem Kernstück der typischen Papi-Garderobe. Sie sind weit geschnitten, vorzugsweise stonewashed, verfügen über zahlreiche Gürtelschlaufen oder einen Bund mit Gummizug – je nach väter­lichem Bauchumfang.

Dads sollten sich nicht zu früh geschmeichelt fühlen

Luxusmarken spielen mit der Anti-Ästhetik von Dadcore. Hausmänner in alten Turnschuhen, die Kinderwagen vor sich herschieben, Geschäftsleute in zerzausten ­Anzügen auf dem Spielplatz: je ­unmodischer, desto besser. Zentral sind schlabbrige Schnitte, viel Beige und sportliche Accessoires wie gewölbte Sonnenbrillen.

Am krassesten zieht Demna ­Gvasalia (36) das Thema durch. Der neue Chefdesigner von Balenciaga schickte Models mit ihren Kindern im Pariser Park Bois de Boulogne den Laufsteg hinunter. Seine Inspiration sind Geschäftsleute, die Freizeit mit dem Nachwuchs geniessen. «Junge Väter mit ihren Kindern zu sehen, ist so etwas Schönes», sagt Gvasalia, der sich jüngst in Zürich mit seinem eigenen Label Vetements niederliess. «Es wirkt so hoffnungsvoll und positiv.»

Balenciagas Interpretation der Dadjeans ist so verwaschen, dass fast keine Farbe mehr zu sehen ist. Das Model in der Show trägt sie zu einem zerknitterten Hemd und ­einem Blazer in Übergrösse. Kostenpunkt des auf den zweiten Blick doch recht extravaganten Ensembles: mehrere Tausend Dollar. Nicht einmal der Designer selbst bildet sich ein, dass Väter jetzt Balenciaga kaufen.

Worum es wirklich geht: Jeder wirklich coole Modefan versucht, seine Outfits möglichst mühelos und zufällig wirken zu lassen. Bei den Vätern wirkt das nicht nur so, es passiert automatisch.

Dass Männer, die keine Sekunde lang über ihr Outfit nachdenken, jetzt als Musen gelten, ist unter diesem Aspekt nachvollziehbar. Wenn auch nicht besonders schmeichelhaft für die Musen selbst. 

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