Zürcher Langstrasse: Von «Klein-Afrika» bis in den Ostblock
Multikulti auf der Sexmeile

Publiziert: 17.04.2007 um 21:28 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:33 Uhr
VON BEAT KRAUSHAAR UND SIMONE MATTHIEU
ZÜRICH – Im «Chreis Cheib» wird traditionell multikulturell um die Wette gestöhnt. Doch die Stadt Zürich will dem Rotlichtmilieu den Strom abstellen. Der Trend: Agglo-Sex.

«Magic Hour». Magische Stunde heisst es Neudeutsch, wenn über Zürich die Nacht einbricht. Wenn die Dämmerung alles in blaues Licht taucht. Wenn aus der Langstrasse – der sündigsten Sexmeile der Schweiz – ein Lavastrom wird, der sich pulsierend durch die Stadtkreise 4 und 5 schlängelt.

11% mehr, präzis 4461 Prostituierte, wurden letztes Jahr in der Stadt Zürich registriert. Die Neueinsteigerinnen stammen hauptsächlich aus den neuen EU-Staaten, vor allem Ungarn.

Aus der Schweiz und den alten EU-Staaten kamen weniger Neue, noch weniger aus Afrika. Den Hauptharst der Liebesdienerinnen stellen neben den Osteuropäerinnen immer noch die Südamerikanerinnen. Dazu kommen Hunderte Ausländerinnen, die illegal in einem der rund 300 Sexsalons anschaffen. Und 200 Tänzerinnen in Cabarets, von denen sich viele auch prostituieren.

Die «United Colours» der Dirnen haben die Sexmeile gebietsmässig unter sich aufgeteilt. «Klein-Afrika» – «Klein-Asien» – «Klein-Südamerika» – und der Ostblock. Kein Wunder, wird im «Chreis Cheib» und im «Föifi» – so nennen die 34000 Bewohner ihre Stadtkreise 4 und 5 – in allen Sprachen der Liebeslohn verlangt und um die Wette gestöhnt.

Da Freier «Frischfleisch» wollen, wird der Konkurrenzkampf immer härter. Prostituierte arbeiten zum Teil mit Dumpingpreisen von 30 bis 50 Franken. Immer häufiger wird auch Sex ohne Gummi verlangt.

Druck bekommt das Sexgewerbe auch von der Stadt. Sie will die Sexmeile zurückerobern. Devise: Mehr Familien mit Kindern statt mehr Dirnen. Um dieses Ziel zu erreichen, geht die Sittenpolizei unter anderem härter gegen Strassen-Prostituierte vor. Die Behörden schliessen aber auch per Baurecht Sexsalons.

Eine Masseuse, die ihren Salon seit 15 Jahren am gleichen Ort hat, stöhnt: «Als ich den Laden eröffnet habe, wurde alles genehmigt. Nun kommen sie plötzlich mit einer willkürlichen Auslegung des Baurechts!»

Innerhalb eines Monats sollte sie ihren Laden räumen. Mit einem alten Baugesuch für den Salon konnte sie den Rauswurf bislang hinauszögern. «Die Stadt entzieht ehrlichen Steuerzahlern so jegliche Existenzgrundlage», klagt die Schweizerin.

Die «zwangs»-geräumten Sexliegenschaften lässt die Stadt Zürich aufkaufen. Über zwanzig Häuser sind es bereits, nochmals so viele sollen dazukommen.

Damit nicht genug: Soeben wurde das «Projekt Rotlicht» gegründet. «Wir sind startbereit. Als Nächstes werden breit abgestützte Arbeitsgruppen gebildet. Unter Miteinbezug von Stadtentwicklung, Polizei, Gesundheits- und Sozialbereich», sagt Rolf Vieli, Leiter von «Langstrasse Plus».

Das Ziel von «Projekt Rotlicht»? Vieli: «Wir wollen verhindern, dass Zürich zum nationalen Superpuff wird. Vor allem geht es uns jedoch um den Schutz der Quartierbevölkerung vor den Auswüchsen der Prostitution und den Schutz der Prostituierten. Dazu brauchen wir gesicherte Daten zum Sexmilieu. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Frauenhandel. Den wollen wir rigoros unterbinden.»

Die Massnahmen zeigen Wirkung: Das Sexgewerbe weicht vermehrt auf die Agglomeration aus. Wie Pilze schiessen dort Bordelle und Massagesalons aus dem Boden.

«Agglo-Sex» heisst der neue Trend. Am Stadtrand lassen sich heute anonymer und unkontrollierter Geschäfte mit der käuflichen Liebe machen als an der Sexmeile.

Aber so schnell wird sich die Zürcher Unterwelt nicht aus dem millionenschweren Sex-Business verdrängen lassen. Neben dem Drogenhandel ist es ihr zweiter zentraler Wirtschaftsfaktor. Und mit der Euro 08 erhofft sich das Zürcher Sex-Business ein Rekordjahr.

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