Mein Freund (28) und ich (26) haben eigentlich eine tolle Beziehung, aber er möchte viel mehr Sex als ich. Er würde es am liebsten täglich tun, mir reicht viel weniger. Wenn wir kuscheln, befürchte ich bei jeder Berührung, dass es gleich wieder losgeht. Der Penis meines Freundes kommt mir langsam wie eine dritte Person in unserer Beziehung vor: Mein Freund stellt ihn ständig in den Mittelpunkt. Er zeigt mir abends spontan seine Erektion und wackelt damit, was ich längst nicht mehr lustig finde. Wenn wir mal Sex haben, finde ich ihn toll, aber der Weg dorthin blockiert mich total. Simone
Liebe Simone
Dein Freund und du sprechen eine andere Sprache, wenn es um Liebe, Sex und Zärtlichkeiten geht. Für ihn sind diese Dinge extrem nah verknüpft. Vermutlich versteht er diese Aspekte sogar als glorreiche Einheit und als die eigentliche Krönung eurer Beziehung. Also als etwas, von dem es gar nicht genug geben kann. Für ihn gibt es keinen Grund, vom Gas zu gehen. Dass er dich damit überfährt und sich eigentlich selber sabotiert, verpasst er.
Such dir einen ruhigen Moment, in dem ihr beide sachlich und angezogen über die Situation sprechen könnt. Ihr habt den grossen Vorteil, dass der eigentliche Sex euch beiden gefällt, ihr also nicht alles in Frage stellen müsst. Erklär deinem Freund, dass er dich mit seinem Tempo und seiner Direktheit überfordert und dass sein Penis-Wedeln bei aller Liebe schon lange den Charme und Witz verloren hat.
Du schreibst in deinem Mail, dass dir Berührungen an deinen Brüsten in dieser frühen Phase sogar weh tun. Erklär auch das deinem Freund. Für viele Körperlichkeiten muss sich zuerst eine gewisse Erregung aufbauen, damit sie sich gut anfühlen. Beschreib deinem Freund, wie dein Körper funktioniert und dass intime Zonen kein ständig geöffneter Selbstbedienungsladen sind. Gib ihm eine alternative Anleitung und sei sehr klar darin, was deine Lust vertreibt. Besonders, wenn du es bisher schweigend hingenommen hast.
Kuscheln ohne Sex kommt vielen Männern ähnlich witzlos vor wie Bier ohne Alkohol. Sag ihm, dass es für dich wichtig ist. Und zwar nicht nur als Vorspiel, sondern als für sich allein stehendes, erfüllendes Ereignis.
Eine gemeinsame Sprache zu lernen, was Sex und Körperlichkeiten angeht, kann eine Herausforderung sein. Dabei müsst ihr einerseits lernen, die Botschaften des anderen richtig zu deuten, andererseits müsst ihr neue Rituale entwickeln. Tauscht euch über eure Bedürfnisse und Idealvorstellungen aus, aber auch über Fauxpas und Klippen.
Wenn ihr offen sein könnt für die Sichtweisen des andern, seid ihr auf einem guten Weg. Das bedeutet für deinen Freund, dass er es langsamer angehen muss und Kuscheln keine sofortige Einladung für Sex ist. Für dich könnte ein Ziel sein, deinem Freund nachzueifern, was den Stolz aufs eigene Geschlecht angeht.