Fux über Sex
«Ist eine Transe schwul?»

Publiziert: 10.03.2016 um 10:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 06:35 Uhr
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Caroline Fux
Caroline FuxBlick-Sexologin

Ich (84) habe in einem Magazin das Inserat einer Transe gesehen, die Sex anbietet. Mich interessiert das. Ein Kollege meinte nun, so eine Transe sei ein Mann und es sei deshalb nur eine Schwulenbeziehung möglich. Ist eine Transe nun schwul? Müsste sie sich nicht eine Frau suchen für Sex? Ich habe meinem Kollegen gesagt, dass Schwulsein im Kopf beginnt und nicht im Penis. Albert

Lieber Albert

Deine Zuschrift wirft eine ganze Reihe von spannenden Fragen auf. Zunächst aber ein paar Ausführungen zum Vokabular, das du und dein Kollege verwenden. Die Bezeichnung «Transe» ist stark negativ bewertet. Es mag sein, dass Transmenschen selbst mit der Bezeichnung manchmal kokettieren, provozieren oder sich abgrenzen, aber als Bezeichnung in der Alltagssprache ist sie ein Schimpfwort. Besser passend ist «Transfrau», falls überhaupt betont werden muss, dass die Frau eine entsprechende Vorgeschichte hat.

Passend ist dagegen deine Vorstellung, dass Homosexualität im Kopf stattfindet und nicht im Penis. Wer homosexuell ist, sieht sein ganzes Beziehungsleben mit einem gleichgeschlechtlichen Menschen, und wie bei Heteros auch, umfasst das weit mehr als nur Sex.

Transsexualität wiederum hat nichts mit Homosexualität zu tun. Es beschreibt nämlich keine sexuelle Orientierung, sondern die Tatsache, dass für eine Person die Geschlechteridentität, die sie fühlt, nicht zu ihrem Körper passt. Man verwendet dazu oft den Ausdruck «im falschen Körper geboren». 

Der Ausdruck Geschlechteridentität ist dabei ein Schüsselwort. Viele Fachleute und Involvierte bevorzugen mittlerweile nämlich den Begriff «transident» gegenüber dem klassischen «transsexuell». Sie betonen damit, dass es um die Identität und nicht nur um die Sexualität geht. Also um das ganze Sein und nicht nur um die Erotik.

Viele Leute sind überfordert, wenn es um die Frage geht, zu welchem Geschlecht sich eine transidente Person hingezogen fühlt. Das liegt vor allem daran, dass diese Personen sehr starre und enge Konzepte davon haben, wenn es um die sexuelle Orientierung geht.

Transidente Menschen durchleben wie jede Person mit dem Bewusstwerden ihrer Sexualität einen ganz persönlichen Findungsprozess, in dem sich zeigt, mit wem sie sich sexuell austauschen möchten. Bei manchen Transmenschen ändert sich diesbezüglich etwas nach oder durch die Transition zum gefühlten Geschlecht, anderen wiederum ist und bleibt seit jeher klar, ob sie sich zu Männern, Frauen oder beidem hingezogen fühlen. Und zwar egal, wie der Körper aussieht, in dem sie leben.

Besondere Regeln gelten, wenn Sexualität als Beruf gelebt wird: Viele Sexworkerinnen können es sich schlicht nicht leisten, nur den Sex anzubieten, den sie von sich aus haben möchten. Das heisst auch, dass die Transfrau, deren Inserat du gesehen hast, vielleicht sexuelle Handlungen als Dienstleistung anbietet, die privat nicht wirklich auf ihrer Wunschliste stehen. Was sich diese Frau persönlich wünscht und was sie für Geld anbietet, sind also vielleicht verschiedene Dinge.

Viele Männer und durchaus auch einige Frauen sind vom Sex mit Transfrauen fasziniert. Einige reduzieren diese Frauen auf eine erotische Fantasie und vergessen dabei, dass jede Transfrau auch einfach nur ein Mensch mit einer Geschichte, Träumen und Wünschen sowie Sorgen und Nöten ist. Aber kein Mensch sollte einfach nur als ein beschlafbares Geschlechtsteil betrachtet werden, egal ob nun Vagina, Penis, Brüste oder eine Kombination von allem vorhanden sind.

Was das Körperliche angeht, so muss jede Transperson ihren eigenen Weg gehen und für sich herausfinden und bestimmen, wie weit und mit welchen Mitteln sie den eigenen Körper anpassen will. Diese Anpassungen sind oft nicht zuletzt auch eine Frage des persönlichen Budgets, da längst nicht alle Veränderungen von der Krankenkasse getragen werden. Das heisst konkret, dass manche Transmenschen «nur» Medikamente einnehmen, andere aber ihr Geschlecht auch chirurgisch angleichen lassen.

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