Meine Frau (64) zeigte schon immer sehr wenig Initiative beim Sex. Ihre Berührungen sind eher ungeschickt, und sie lässt sich auch nicht gern korrigieren und belehren, wie es besser wäre. Das alles war nie ein Problem, weil ich (67) stets sehr viel Lust hatte. In den letzten Jahren hat mein Sexdrive aber nachgelassen, und es tut sich deshalb nicht mehr viel. Meine Frau ist nun verwirrt und gekränkt, weil ich nicht mehr auf Touren komme. Sie wartet auf meine Initiative, aber ich mag nicht mehr schauspielern. Alain
Lieber Alain
Wäre eure Sexualität ein Dinner, dann hätten die letzten Jahre bei euch wohl ungefähr so ausgesehen: Du fandest das Essen deiner Frau zwar nie fein, hattest aber stets genug Hunger, um es runterzubringen. Jetzt fehlt dir der Appetit, und du stocherst lust- und ratlos in deinem Teller. Das wiederum merkt die Köchin, und sie ist betupft, weil du nicht mehr aufisst. Sie schaut ratlos zu dir, aber du magst nicht aktiv werden, weil deine Frau doch eigentlich schon seit Jahren hätte dankbar sein müssen, dass du dich überhaupt mit dem arrangiert hast, was sie dir vorgesetzt hat.
Dein starker Sexdrive hat während all der Jahre dafür gesorgt, dass ihr euch nicht wirklich darum kümmert musstet, dass eure Sexualität aus etwas Gemeinsamem entsteht. Und das rächt sich nun. Ihr könnt euch nicht mehr beide hinter deinem starken Appetit verstecken, sondern müsst eure Sexualität neu definieren.
Ihr müsst lernen, auf wohlwollende Art über Sexualität zu reden und – viel wichtiger noch – euch richtig zuzuhören. Änderungswünsche kommen dabei besser an, wenn sie keinen belehrenden Unterton haben.
Hört auf, Sex einfach zu servieren. Kocht gemeinsam. Oder noch besser: Macht schon den Menüplan gemeinsam und geht dann gemeinsam einkaufen. Sprecht darüber, was ihr euch wünscht und wie sich Sexualität auch in Zusammenhang mit der neuen Lebensphase verändert hat.