Die Tücken der Statistik
Wie oft machen es die Schweizer wirklich?

Publiziert: 16.04.2007 um 22:39 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:34 Uhr
Teilen
Anhören
von Silvan Grütter
ZÜRICH – Die Wissenschaft ist sich einig: Der Durchschnittsschweizer treibt es 2 Mal in der Woche. Diese Zahl ist hochpräzise. Und trotzdem völlig wertlos, meint BLICK-Redaktor Silvan Grütter.

Schweizer haben im Durchschnitt ein bis drei Mal Sex die Woche. Sagt die Statistik. Wenn der Jäger am Hasen einmal links und einmal rechts vorbeischiesst, dann ist er im Durchschnitt tot. Sagt eine Redewendung.

Und genau da liegt der Hund begraben, oder in diesem Fall: der Hase im Pfeffer. Ein bis drei Mal in der Woche ist nicht mehr als eine schlappe Zahl, ein statistisch ermittelter Durchschnittswert für das, was auf unseren Küchentischen, Autositzen oder in den Schlafzimmern so passiert. Es ist bloss die Anzahl vollzogener Geschlechtsverkehre von Schweizer Paaren im Alter zwischen 18 und 69 Jahren in einer Woche.

Rein statistisch darin also auch enthalten: die Anzahl Geschlechtsverkehre der Bundesrätinnen und Bundesräte, die von Tim Wielandt, dem neuen Mister Schweiz, und natürlich auch die von Paola und Kurt Felix, die es statistisch gesehen ebenfalls ein bis drei Mal in der Woche treiben. Miteinander.

Der ermittelte Durchschnittswert, ein bis drei Mal Sex die Woche, ist hochpräzis und absolut wertlos. Die Zahl ist so richtig und nichtssagend wie die Tatsache, dass UBS-Boss Marcel Ospel und ich im vergangenen Jahr durchschnittlich je 13333602 Franken verdient haben. Oder dass zwischen dem ersten Eindringen und dem Orgasmus beim Liebesakt im Schnitt fünf bis sechs Minuten vergehen. Darin enthalten: Kamasutra-Hochleistungs-Liebhaber, die es stundenlang treiben können, und solche, die – sportlich gesagt – den Sprint der Langstrecke vorziehen.

Vielleicht noch anzumerken: Fünf bis sechs Minuten vergehen beim Liebesakt zwischen dem ersten Eindringen und dem männlichen Orgasmus. Bis zum weiblichen Orgasmus kann es ja angeblich Jahre dauern.

Mal angenommen: Leonie und David, laut Statistik übrigens die beliebtesten Vornamen des Jahres 2005, lernen sich in einer Bar irgendwo in der Schweiz kennen. Beide sind 20 Jahre alt, gesund und ein bisschen vorehelichem Sex nicht abgeneigt. Ein paar nette Worte über ihre tolle Figur, ein paar nette Worte über seinen tollen Humor, ein heruntergelassener Autositz, eine Familienpackung Kondome und zack, zack, zack! Ein Mal, zwei Mal, drei Mal. Ein statistischer Albtraum! Eine Wochenration an einem einzigen Abend. Konsequenz, damit das statistische Gleichgewicht wiederhergestellt wird: Die Teenager lassen für die nächsten sechs Tage ihre gierigen Finger und alles andere voneinander – oder es braucht ein statistisches Opfer der Restschweiz. Das heisst: ein paar Migränen, ein paar «Schatz, ich musste bis um acht Uhr arbeiten und bin jetzt zu müde» oder ein paar Langzeitverpaarte, die eine gute Folge «Desperate Housewives» ein paar Minuten schlechtem Sex schon lange vorziehen.

Die Statistik, dass es Schweizerinnen und Schweizer im Durchschnitt ein bis drei Mal die Woche miteinander treiben, belegt nur eins schlüssig: Wir haben noch Sex. Aber das, was uns wirklich interessiert, nämlich die Beantwortung der Urfrage, ob wir im Einzelfall genug, zu wenig oder zu oft Sex haben, das lässt die Statistik so offen wie die kluge Frau die Frage «Na, wie war ich denn, Schatz?».

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden