Laut einer Studie von «BILD» geht jeder Zehnte an der Firmenweihnacht fremd. Muss ich jetzt Angst haben, wenn mein Partner oder meine Partnerin mit den Arbeitskollegen feiert?
Caroline Fux: Auch wenn solche Zahlen leer schlucken lassen: Angst macht mehr kaputt, als sie hilft. Die Zahlen aus der Studie sind zudem mit Vorsicht zu geniessen: Sie stammen von Mitgliedern von Fremdgeh-Portalen oder von Plattformen, die sich auf das Thema Seitensprung spezialisiert haben. Wissenschaftlichen Ansprüchen genügt so eine Stichprobe nicht.
Und wenn man trotzdem besorgt ist? Oder sogar einen Verdacht hat, dass etwas gelaufen ist?
Das sind natürlich schwierige Momente. Angst ist menschlich und leider bestätigen sich viele Verdachtsfälle auch. Mit dramatischen Szenen, Vorwürfen, Verhören oder Wutanfällen kommt man nicht weiter. Oft bleibt nur eine schonungslos ehrliche Analyse der Beziehungssituation. Man soll die eigenen Ängste ruhig offen legen, seine Gefühle schildern und versuchen, herauszufinden, wie diese Probleme ihren Weg in die Beziehung gefunden haben. Ist es übermässiges und unbegründetes Misstrauen? Oder ist die Sexualität wirklich verkümmert und bietet so Angriffsfläche für Affären? Zuerst braucht es Klärung, dann Ideen, was man ändern möchte.
Was ist der Reiz daran, mit jemandem aus dem Büro fremdzugehen?
Der Reiz liegt weniger in der Büroatmosphäre, als in den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit: Wir verbringen sehr viel Zeit auf der Arbeit, haben die verschiedensten Kontakte. Früher oder später wird da mal jemand dabei sein, mit dem man sich mehr vorstellen kann als nur ein Arbeitsverhältnis. Viele Kollegen werden irgendwann auch zu Freunden und engen Vertrauten. Bieten sie Verständnis und Anerkennung, was man beides zu Hause vielleicht nicht spürt, ist Unglück fast vorprogrammiert.
Soll man mit jemandem vom Arbeitsplatz überhaupt eine Affäre haben? Das kann das Berufsleben ja massiv komplizieren.
Es ist definitiv keine gute Idee. Es fällt mir spontan sogar schwer, ein noch problematischeres Umfeld zu nennen. Geht die Affäre schief – und das tun die meisten früher oder später – hat man meist keine echten Rückzugsmöglichkeiten. Man hat sich gegenüber jemandem entblösst, dem man praktisch nicht entgehen kann. Vielleicht funkt einem auch noch ein hierarchisches Verhältnis hinein. Das führt zu Dramen, die oft erst dann enden, wenn einer der beiden den Job wechselt.
Wenn es passiert ist, und es war gut: Wie soll man sich am nächsten Tag verhalten?
War der Sex bombastisch, bleibt es selten bei diesem einen Mal. Was das für den Arbeits- oder Beziehungsalltag konkret bedeutet, hängt natürlich von den Umständen ab: Sind die Beteiligten vergeben oder zu haben? Herrscht ein Hierarchieverhältnis oder wird die Arbeit irgendwie sonst durch ein Verhältnis tangiert? Wollen beide das Gleiche? Im Sinne: Nur Sex oder doch mehr? Was immer hilft, ist Ehrlichkeit. Und zwar sowohl sich selber gegenüber, als auch gegenüber dem Sexpartner.
Was, wenn man den Sex am nächsten Morgen für einen Fehler hält?
Nach aussen hin unbedingt den Mund halten. Viele Leute haben den Impuls, den Skandal und die Überforderung mit jemandem zu teilen. Aber das kommt selten gut. Oft brodelt die Gerüchteküche ja so oder so. Gegenüber dem Sexpartner lohnt sich ein klärendes Gespräch. Man muss das Geschehene nicht zu Tode diskutieren, aber sich schnell kurzschliessen, was es für einen war und was nicht und was die Konsequenzen sein sollen.
Was tut man, wenn Probleme auftreten? Beispielsweise weil man mit dem Chef geschlafen hat, der jetzt aber nicht mehr mit einem spricht?
Da kämpft man leider schnell auf verlorenem Posten. Man kann zwar wie bei jedem anderen Arbeitskonflikt den Dienstweg beschreiten und mit einem gut dokumentierten Fall der Benachteiligungen zur HR-Abteilung gehen. Aber einen harmonischen Arbeitsplatz bringt einem das selten zurück.