Von 26 von ETH-Studenten und -Absolventen neu gegründeten Firmen sind immerhin knapp ein Fünftel in weiblicher Hand respektive entspringen einem cleveren weiblichen Hirn. Das ist immer noch die Ausnahme, aber die Frauen holen auf, auch bei der Anzahl Studentinnen in naturwissenschaftlichen Studienrichtungen. So vielfältig wie die Studienrichtungen sind auch die Neugründungen der Firmen – man lese und staune!
Was kreucht und fleucht eigentlich alles? Das wissen die Forscherinnen von Simplex DNA punktgenau
Um zu wissen, wie es um die Biodiversität eines Gebiets oder Gewässers steht, muss man diese erst mal messen können. Das Problem: Kein Forscher hat heutzutage Zeit, tagelang sämtliche Insekten, Säugetiere, Vögel, Reptilien und alles sonstige Gekreuch zu beobachten, untersuchen, kartografieren und dann Listen zu erstellen. Es braucht also neue Systeme, um die Vielfalt des Lebens an einem Ort zu messen – und da kommt Simplex DNA ins Spiel. Das Start-up um die ETH-Professorin Kristy Deiner und die Molekulargenetikerin Elvira Mächler entwickelt diverse Methoden, um die Biodiversität eines Gebiets zu messen. Ein Beispiel: So kann etwa aus wenigen Dezilitern Wasser eine ganze Karte des Lebens, das mit diesem Wasser in Berührung kommt, erstellt werden – indem hochsensible Messverfahren kleinste «Bruchstücke» der im Wasser vorkommenden DNA analysieren. So kann die Vielfalt eines Ökosystems über die Zeit erfasst und Veränderungen aus unterschiedlichen Testresultaten abgelesen werden.
Wie gesund ist mein Boden?
Ob Landwirt oder Hobbygärtner – wenn der Boden nichts taugt, wächst nichts Richtiges. Stärkere Niederschläge, Verdichtung, Dünger- und Pestizideintrag aus der Landwirtschaft und Abrieb aus dem Transportwesen belasten unsere Böden so, dass das Bundesamt für Landwirtschaft sagt, es gebe keine nicht kontaminierten Böden mehr in der Schweiz. Bodenanalysen waren bis anhin aber teuer. Die von den zwei Biotechnologinnen Sonia Meller und Hélène Iven gegründete Firma Digit Soil («soil» bedeutet auf Englisch Boden) hat nun ein tragbares Gerät entwickelt, das man einfach in den Boden stecken kann, wo es die Aktivität der vorhandenen Enzyme im Boden misst. Ein Marker, der hinweist, wie gesund der Boden ist. Mit den so erhaltenen Informationen können Landwirte und Gärtner zielgerichtete Massnahmen zur Bodenverbesserung treffen.
Künstliche Korallenriffe helfen, die Meeresbiodiversität zu retten
Korallenriffe sind sozusagen die Kinderstuben der Meere. In Riffen finden unzählige Fisch- und Krebsarten Laichgründe, Nahrung und Schutz. Diese Fischarten dienen dann wiederum grösseren Fischen als Nahrungsgrundlage. Unzählige Umweltfaktoren haben aber über die letzten Jahrzehnte viele Riffe beschädigt. Um Korallenriffe möglichst schnell wieder herzustellen oder ganz neu zu etablieren, haben sich drei Frauen unterschiedlichster Ausbildung unter dem Firmennamen Rrreefs zusammengetan: Marie Griesmar ist Materialforscherin, Ulrike Pfreundt Genetikerin sowie Expertin für tropische Meeresökosysteme, und Hanna Kuhfuss ist Meeresforscherin. Gemeinsam haben sie ein legoartiges 3D-gedrucktes Bausystem für künstliche Korallenriffelemente auf Lehmbasis entwickelt. Mit Erfolg: Die Struktur des Materials erlaubt ein ideales «Andocken» und Wachstum von Jungkorallen, während Hohlräume unzähligen Kleintieren Schutz und Laichgründe bieten. Ein erstes künstliches Riff, das die drei Unternehmerinnen im September 2021 mithilfe Freiwilliger innert zehn Tagen nahe der San-Andrés-Insel in Kolumbien bauten, verfügt drei Monate später bereits über eine so hohe Fischartendichte wie ein natürliches Riff. Für diese Leistung wurden die drei Jungunternehmerinnen bereits mit drei internationalen Preisen ausgezeichnet.
Einfache Bestimmung der Sicherheit von Betonstrukturen wie Brücken
Beton, so solide er aussieht, ist nicht gleich Beton. Kleinste Unterschiede in der Zusammensetzung des Zements oder in der Mengenmischung aus Zement, Wasser und Gesteinskörnern können die Solidität des Werkstoffs über die Zeit genauso beeinträchtigen wie Witterungseinflüsse. Die Sicherheit von Betonkonstruktionen zu beurteilen und so Einstürze vermeiden zu können, kann in diversen Ländern, in denen Konstruktionsmängel an der Tagesordnung sind, eine tickende Zeitbombe entschärfen. Ein Team um ETH-Materialforscherin Yurena Seguí Femenias hat genau dies geschafft: Ihre Firma Dura Mon entwickelt kabellose Sensoren, die, an der Struktur angebracht, ständig die Qualität und den Grad der Korrosion messen, Daten erheben und diese automatisch übermitteln. Ein eigens entwickelter Algorithmus analysiert diese laufend und kann so den idealen Zeitpunkt bestimmen, wann mit Reparaturen begonnen werden muss.
Der wohl schlauste Richter aller Zeiten ist ein neuer Algorithmus
Juristen und Juristinnen haben oft ein Problem: Sie wälzen sich durch dicke Aktenberge, um im Wust der Gesetzgebung, Verträge, Regulierungen und vorherigen Gerichtsurteile die beste Strategie für eine Anklage oder Verteidigung für ihre Kunden zu finden – oder um sensible Daten in Dokumenten zu schwärzen. Vieles davon ist repetitiv, langwierig und langweilig, für den Kunden aber dennoch teuer. Die ETH-Absolventin Paulina Grnarova, die im Bereich künstliche Intelligenz doktoriert hat, schafft mithilfe von drei Mitgründern Abhilfe: Der von ihrer Firma entwickelte Algorithmus Deepjudge analysiert hochgeladene Dokumente und vergleicht sie mit bereits voranalysierten Gesetzestexten, Urteilen und Verträgen und bearbeitet sie in einem zweiten Schritt weiter: etwa durch das Schwärzen sensibler Stellen. Oder durch das Anreichern des Dokuments mit Links und Querverweisen zu allen nötigen relevanten Informationen. So erspart Deepjudge Juristen langwierige Routine-Arbeiten und Kunden Geld. Das renommierten Wirtschaftsmagazins «Forbes» setzte Grnarova ist für ihre Arbeit auf die Liste von den «30 unter 30», auf der die weltweit hoffnungsvollsten Jungunternehmer stehen. Sie hat zudem mehrere Preise gewonnen.