Es bedeutet nichts Gutes für eine Krimifolge, wenn man sie sich ansieht, zwei Tage später darüber schreiben soll und denkt: «Äh, worum gings?» Dabei sehe ich Kommissarin Lenski und ihren Kollegen Raczek gern, die sind nämlich, optisch betrachtet, das aktuell schönste Kommissaren-Team. Bringen wir also die Handlung schnell hinter uns: Mädchen, tot in der Oder / wer wars / falsche Spur / richtige Spur / falsche Spur war auch richtig / zwei Fliegen mit einer Klappe, hurra. Das ist sehbar und absehbar und vergessbar.
Wenden wir uns deshalb jetzt wichtigeren Dingen zu: dem heutigen Abstimmungssonntag. Wir stimmen darüber ab, ob es zulässig ist, Bezüger von IV-Leistungen zu bespitzeln und diesen «Detektiven» mehr Rechte als der Polizei einzuräumen. Natürlich zahlt kein Steuerzahler gern Geld für Betrüger. Fünf Prozent der IV-Bezüger sind es gemäss Forschungsberichten. 2017 sind das 420 Millionen Franken fälschlich ausbezahlter Renten für 10 900 Menschen. Das klingt nach viel Geld – wirkt aber lächerlich, wenn man es mit anderen Budgets vergleicht: Die Armee etwa hat uns 68 288 Millionen gekostet und dabei über 45 Millionen nur als Spesen auf den Kopf gehauen.
Bleibt die Frage: Wollen Sie lieber in einer Gesellschaft leben, die in Kauf nimmt, zirka 1100 Betrüger durchzufüttern, also 0,01 Prozent der Bevölkerung? Dann stimmen Sie Nein. Oder leben Sie lieber in einer Gesellschaft, die alle Kranke unter Generalverdacht stellt, bespitzelt und die so enstehenden Videos auch gern mal so zusammenschneidet, dass Schwierigkeiten im Alltag wegfallen? Dann stimmen Sie Ja.
Und beten Sie, dass Sie nie chronisch krank werden – und Sie sich nicht in einer lebenslangen Krimifolge wiederfinden, in der Sie höchstpersönlich das Opfer sind.
Polizeiruf 110: «Der Fall Sikorska», 20.15 Uhr, Das Erste, zweieinhalb Sterne von fünf.