Als andere Mädchen in gemeingefährlichen Pubertätskrisen stecken, im zarten Alter von 14, entdeckt Pascale Portmann ihre Lebensaufgabe: die Astrologie. «Meine Eltern waren eng mit einer Astrologin befreundet. Eines Tages schenkte sie mir mein Geburtshoroskop. Es war von Hand gezeichnet. Fasziniert betrachtete ich die Radix. Ich wünschte mir von ihr nichts sehnlicher als eine Deutung», erzählt Pascale Portmann mit leuchtenden Augen. Die Radix ist jene kreisförmige grafische Darstellung des Horoskops, die sämtliche Planetenstellungen, Tierkreiszeichen, Dekaden und Häuser umfasst. «Als die Zeichnung vor mir lag, war ich von dem, was ich über mich erfuhr, so fasziniert, dass ich alles verschlang, was ich zum Thema Astrologie in die Finger bekam.»
Auch ihren Lesern geht es so – das Horoskop gehört zu jenen Rubriken in der Zeitung, die viele Leser gewohnheitsmässig ganz zuerst ansteuern; die Neugier, was an diesem Tag passieren könnte, lockt jeden Morgen neu. «Um ein Tageshoroskop zu erstellen, schaue ich mir die an diesem Tag vorherrschenden Planetenbewegungen in Bezug auf jedes Sternzeichen an. Davon leite ich das jeweilige Tagesthema ab. Wochen- und Tageshoroskope dienen vor allem der Unterhaltung. Sie sind allgemein verfasst, damit jeder darin etwas für sich entdecken kann», erklärt die gebürtige Solothurnerin.
«Jeder Mensch hat einen einzigartigen Wesenskern»
Pascale Portmann mag Menschen. Interessiert sich für ihre Geschichten. Für die Astrologin spielt es keine Rolle, aus was für einer Familie sie kommen, welche Berufe sie ausüben, ob sie arm oder reich sind. «Jeder Mensch hat einen einzigartigen Wesenskern», erklärt sie. «Diesen aufzuzeigen und Hinweise zu geben, wie man die eigenen Ressourcen am besten ausschöpft, erfüllt mich bei meiner Arbeit am meisten.»
AstroBlick-Videos auf Blick.ch
Einen grossen Teil ihrer Arbeitszeit widmet Portmann mittlerweile dem SonntagsBlick magazin, aber nicht nur: Sie erstellt sämtliche Horoskope, die in den Zeitungen der Blick-Gruppe erscheinen, und ab Ende September deutet sie im AstroBlick auf www.blick.ch täglich filmisch die Sterne.
«Schon als Kind», sagt Pascale Portmann, «habe ich gespürt, wenn Erwachsene nicht das auszusprechen wagten, was ihnen auf der Zunge lag.» Nach der Scheidung ihrer Eltern wächst sie mit ihrem Bruder Claude bei ihrem Vater und seiner zweiten Frau auf. Ihre Stiefmutter ist nur 16 Jahre älter als sie. «Wir haben uns gut verstanden. Beata war für mich Mutter, Freundin und Mentorin zugleich», erzählt die Astrologin.
Nebst ihrem Bruder hat sie noch drei Halbschwestern, die 10, 13 und 16 Jahre jünger sind als sie. «Wir lebten in einer Grossfamilie. Nachdem mein Vater seine Ausbildung als Sozialpädagoge abgeschlossen hatte, nahm er noch ein Pflegekind auf.» Erziehungsfragen und psychologische Themen standen bei den Portmanns auf der Tagesordnung. Geprägt vom Leben in der Grossfamilie hatte Portmann, selbst Mutter von zwei Kindern, zunächst das Bedürfnis, Kindergärtnerin zu werden. «Das Potenzial von Kindern zu erkennen und spielerisch zu fördern, hat mir grosse Freude bereitet.» Auch ihre Tochter Anne-Lea (18) und Sohn Tim (16) bestärkt sie stets darin, offen über ihre Gefühle und Gedanken zu sprechen.
Praxis mit Stil
Menschen spielerisch auf ihre Fähigkeiten aufmerksam zu machen, ist auch heute noch ein grosses Anliegen von Pascale Portmann. Ihre 2004 gegründete Praxis Astro-Resource, seit 2008 am Zürcher Goldbrunnenplatz beheimatet, hat sie selbst renoviert und mit zahlreichen schönen Einzelstücken ausgestattet, die sie in Brockenhäusern entdeckt hat: ein edles Biedermeiersofa, ein gemütlicher Chippendale-Sessel und ein weiss getünchter, antiker Esstisch, an dem moderne, lila Schalenstühle stehen. Dieses Ensemble verleiht den beiden Räumen viel Wärme. Sie atmen noch den Charme des kleinen Milchlädelis, das hier früher untergebracht war.
In der Ecke steht eine alte Holzvitrine, prall gefüllt mit kleinen Figuren aller Art. Angefangen von Tieren und Helden über Feen und Tänzerinnen bis hin zu Figuren aus Filmen, Märchen, Fabeln, Sagen und Mythen. «Jede dieser Figuren», sagt Portmann, «kann vom Horoskopeigner auf Wunsch bei der Beratung ausgewählt werden – bezogen auf einen grundlegenden Persönlichkeitsanteil.» Also etwa Emotionalität, Vernunft oder Kommunikation.
Figuren erwecken das Horoskop zum Leben
Diese Facetten der Persönlichkeit werden im Horoskop durch die Sonne, ihre neun Planeten und den Himmelskörper Chiron repräsentiert. «Der Chiron steht für den wunden Punkt beim Menschen, dort wo er am meisten verletzbar ist», erklärt die Astrologin. Der Mond symbolisiert im Horoskop die Emotionen. Wenn es also beispielsweise um den Persönlichkeitsanteil Emotion geht und Portmann anstrebt, dass sich der Klient seiner emotionalen Natur bewusster wird, fragt sie ihn während der Sitzung, wie er seine Gefühle zum Ausdruck bringt, wann und wie er sich wohlfühlt, welche von Portmanns Figuren seine emotionale Natur am besten verkörpert – diese Figur stellt sie dann auf dem Mond in seiner Radix. Am Ende befindet sich auf jedem Planeten eine Figur. So wird das Horoskop lebendig.
Ein Phoenix für die Überlebenskünstlerin
Astrologie «ist eine Symbolsprache», so Portmann. «Die Planeten kann man sich auch wie Schauspieler im Theater unseres Lebens vorstellen. Jeder verkörpert eine bestimmte Rolle auf der Lebensbühne. Pluto gilt als Transformator, der etwas über die Regnerationskraft eines Menschen aussagt. Wer aus einer Lebenskrise gestärkt hervorgehen möchte, benötigt ihn. Ich habe mir in meinem Geburtshoroskop für den Pluto sinnbildlich den Phönix ausgesucht. Der mythische Vogel verdeutlicht meine Art, mit einschneidenden Umbrüchen im Leben umzugehen.»
Pluto bildet in Portmanns Horoskop eine Konjunktion mit Uranus. Dies bedeutet, dass beide Planeten als Team auftreten und nicht als Gegenspieler – wie bei einer Opposition. Der Uranus steht symbolisch für die Erneuerung. «Auf meiner Radix steht dort die Symbolfigur einer Überlebenskünstlerin.» Ihre eigene emotionale Natur assoziiert die Astrologin mit dem Wolf. «Der Wolf hat sehr feine Sensoren. Dadurch wittert er sofort, wenn Gefahr in der Luft liegt. Ich bin sehr feinfühlig und intuitiv, deshalb kann ich mich wunderbar in andere Menschen hineinversetzen.»
Horoskop als Landkarte der Psyche
Auch deshalb hat sich die 46-Jährige zur diplomierten psychologischen Astrologin ausbilden lassen. Doch was unterscheidet die klassische Astrologie von der psychologischen? Die psychologische Astrologie, erläutert Portmann, «fusst auf den tiefenpsychologischen Konzepten von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung; sie deutet das Horoskop nicht schicksalshaft, sondern betrachtet es als Landkarte der Psyche, auf der die Anlagen und Talente des betreffenden Menschen verzeichnet sind».
Um ein persönliches Geburtshoroskop zu erstellen, benötigt sie das Geburtsdatum, die genaue Geburtszeit und den Geburtsort der betreffenden Person: «Aus diesen Daten berechnet mein Computerprogramm die Stellung der Planeten in den jeweiligen Tierkreiszeichen und Häusern. Dazu ihre Aspekte, also die spezifischen Abstände zueinander. All dies wird in die Radix eingezeichnet.» Für die Analyse eines Horoskops nimmt Portmann sich vor jeder Beratung mindestens drei Stunden Zeit. Um all das in ein begreifbares Bild zu übersetzen, nutzt sie die Metapher der Radix als «Lebensbühne»: Die Planeten sind darin die Schauspieler. Jeder hat seine Rolle. «Die Tierkreiszeichen, in denen sie stehen, geben Auskunft darüber, wie wir die Lebensthemen, welche die Planeten verkörpern, zum Ausdruck bringen.» Der Aszendent ist das Zeichen des Tierkreises, das zum Zeitpunkt der Geburt am östlichen Horizont des Geburtsorts aufsteigt – das macht den Aszendenten «quasi zum Schaufenster der Persönlichkeit; er sagt aus, wie wir uns nach aussen geben, während das eigentliche Sternzeichen, das sogenannte Sonnenstandszeichen, über unseren Wesenskern Auskunft gibt».
«Das Leben ist ein Lernprozess»
Portmann hat noch ein zweites Bild: «Mein Lieblingssymbol für das Auf und Ab im Leben ist die Lotusblüte. Sie wächst unter Wasser im Sumpf. Bevor sie aufblüht, gedeiht sie in der Dunkelheit. Das Leben ist ein Lernprozess. Es fordert uns immer wieder heraus.»
Ihre Aufgabe als Astrologin, vor allem bei umfassenden Geburtshoroskopen, sehe sie darin, die Deutungsebenen des Horoskops in einen Zusammenhang zu bringen, das grosse Bühnenbild des Lebens verständlich zu machen – sodass die Einzelnen sich selbst und ihre Lebenssituation besser verstehen können. Pascale Portmann nimmt ihre Aufgabe sehr ernst; sie verkörpert das genaue Gegenteil der Hokuspokus-Sterndeuterei auf den Zucker-Päckchen. Was sie anbietet, sagt die Astrologin, seien letztlich Einsichten und Hilfestellungen: «Inwiefern der Mensch diese nutzt, dafür ist er selbst verantwortlich.»