Lange war Biederkeit ein Schimpfwort. Die Generation, die zwischen Gummibaum und Wohnwand aufwuchs, verspottete ihre wertkonservativen Eltern als Spiesser. Und heute? An der diesjährigen «Maison et Objet» in Paris, der grössten Interiormesse der Welt, zeigten Aussteller Möbel und Wohnaccessoires wie zu Grossmutters Zeiten.
Vor allem urbane junge Erwachsene entdecken den Reiz des Kleinbürgerlichen. Sie trinken keinen Latte Macchiato bei Starbucks, sondern brühen sich ihren Filterkaffee selber. Während sie in der Tasse rühren, strecken sie die Beine auf dem Teppich aus, der unter dem Tisch liegt. Denn mit einem Teppich wirkt der Raum doch viel gemütlicher als mit blankem Parkett.
Vor der tapezierten Wand baumelt eine Zimmerpflanze in einer Makramee-Ampel. Die ist selbst geknüpft. Denn do it yourself ist ein grosses Bedürfnis der Generation Digital Natives (digitale Ureinwohner), die in einer Computer dominierten Welt aufgewachsen ist und wenig mit den Händen arbeitet. Abends im Restaurant gibts Riz Casimir. Schliesslich setzt das Szene-Lokal auch auf Altbewährtes, da passt der Schweizer Klassiker aus den 50er-Jahren bestens ins Konzept.
Woher rührt die Sehnsucht nach Gummibaum und Wohnwand? Ursprung der Rückbesinnung ist Verunsicherung, ausgelöst durch Umbrüche und einem Gefühl der Entwurzelung. Die Welt ist so gross geworden, dass sie im Privaten schrumpfen muss, um Sicherheit und Geborgenheit auszustrahlen.