Hightech mit künstlicher Intelligenz
Schweizer Drohnen zählen Wildtiere in Afrika

Schweizer Drohnen zählen mit künstlicher Intelligenz die Tiere im Reservat Kuzikus in Namibia – das spart viel Geld und Zeit in einem Land, das sich sonst die Bewirtschaftung seiner Nationalparks kaum leisten könnte.
Publiziert: 13.07.2018 um 14:01 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2018 um 15:42 Uhr
So geht Wildtier-Zählung in Namibia
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Schweizer Drohne machts möglich:So geht Wildtier-Zählung in Namibia

Drohnen fotografieren vom Himmel herab die Wildnis, eine Bilderkennungssoftware analysiert die Aufnahmen automatisch, und Menschen übernehmen nur noch die Schlusskontrolle: Eine neue, von Schweizer Forschern entwickelte Methode ermöglicht eine schnelle und präzise Zählung von Wildtieren wie Gnus, Oryxantilopen und Nashörnern in Naturschutzgebieten.

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Mithilfe von Drohnen in Naturschutzgebieten Tiere zählen: Das vom SNF unterstützte Forschungsteam testet seine neue Methode für die Tierzählung in Namibia.
Foto: © EPFL / Savmap

«Die Herausforderung ist beachtlich: Gewisse afrikanische Nationalparks erstrecken sich über Flächen, die halb so gross sind wie die Schweiz», erklärt Professor Devis Tuia, der seit 2014 zum Tierzählprojekt Savmap der ETH Lausanne gehört. Mit Drohnen lassen sich grosse Gebiete zu geringeren Kosten überfliegen. «Indem wir einen Teil des Zählprozesses automatisieren, wollen wir das Sammeln von genaueren und aktuelleren Daten erleichtern.»

150 Bilder pro Quadratkilometer

Beim Überflug werden über 150 Bilder pro Quadratkilometer geschossen. Allein mit Fotos von der Landfläche ist das Problem aber nicht gelöst: Die Schwierigkeit ist, Tiere von Landschaftselementen wie Sträucher und Felsen zu unterscheiden.

Hier setzen die Forscher um Professor Tuia auf künstliche Intelligenz (KI), die auf «Deep Learning» basiert. Mit dem vom Doktoranden Benjamin Kellenberger entwickelten Algorithmus können die meisten Bilder ohne Tiere sofort eliminiert werden. Für die anderen Bilder kennzeichnet das Programm Objekte, bei denen es sich um Tiere handeln könnte.

«Diese erste Phase zur Bereinigung des Bildmaterials ist die längste und mühsamste», sagt Professor Tuia. «Sie kann aber nur durch KI übernommen werden, wenn kein Tier übersehen wird. Die Software muss deshalb eine recht grosse Toleranz aufweisen, auch wenn dadurch mehr falsch-positive Befunde resultieren, zum Beispiel fälschlicherweise als Tiere identifizierte Büsche, die anschliessend manuell eliminiert werden müssen.»

Künstliche Intelligenz muss Tiere von Büschen oder Steinen unterscheiden

In einem ersten Schritt stellte das Team Material zusammen, um die KI so zu trainieren, dass sie die relevanten Elemente erkennt. Im Rahmen einer internationalen Crowdsourcing-Kampagne der ETH Lausanne haben rund 200 Freiwillige in Tausenden von Luftbildern, die Forscher von der Savanne im Naturschutzgebiet Kuzikus in Namibia aufgenommen hatten, Tiere aufgespürt.

Diese Bilder wurden dem KI-Programm zur Auswertung vorgelegt. Für verschiedene Arten von Fehlern erhielt das Programm jeweils andere Sanktionen: Wenn es einen Busch als Tier interpretierte, gab es einen Strafpunkt, wenn es hingegen ein Tier nicht erkannte, war der Abzug 80-mal grösser.

So lernt die Software, Tiere von unbeweglichen Gegenständen zu unterscheiden, vor allem aber, kein Tier zu übersehen. Wenn die KI die Bilder bereinigt hat, kann ein Mensch das abschliessende Sortieren vornehmen. Erleichtert wird dies durch farbige Rahmen, die automatisch um verdächtige Elemente platziert werden.

Dank der Drohnen dauert die Tierbestandesaufnahme nur eine Woche

Diese halbautomatische Methode wurde zusammen mit den Biologen des Reservats Kuzikus in Namibia entwickelt. Seit 2014 lassen Tuia und sein Team das Reservat regelmässig mit Drohnen fotografieren, die von der Schweizer Firma SenseFly entwickelt und optimiert wurden und mit handelsüblichen Kompaktkameras ausgestattet sind. «Anfangs waren wir ziemlich skeptisch», erzählt Friedrich Reinhard, Direktor des Reservats. «Die Drohnen fertigen so viele Bilder an, dass mir das kaum verwertbar schien.»

Doch dank der Bereinigung durch die künstliche Intelligenz kann eine einzige Person in rund einer Woche eine vollständige Zählung der Fauna im namibischen Reservat vornehmen – für eine Fläche von 100 Quadratkilometern. Bei konventionellen Zählmethoden müssten ganze Teams mit einem Helikopter das Gebiet überfliegen. Das ist ungenau und zudem so teuer, dass es in Kuzikus höchstens einmal pro Jahr gemacht wurde. 

Nach Namibia hat auch Kenia Interesse bekundet

Die Schweizer Wissenschaftler werden ihre Arbeit mit dem namibischen Wildreservat, das regelmässig von Studierenden der ETH Lausanne besucht wird, weiterführen. Auch die kenianischen Behörden haben Interesse bekundet, ebenso der Nationalpark Veluwe in den Niederlanden.

Devis Tuia, der kürzlich zum Professor der Universität Wageningen in den Niederlanden berufen wurde, wird weiterhin eng mit der ETH Lausanne und der Universität Zürich zusammenarbeiten, wo er seine Förderungsprofessur des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) erhalten hatte. 

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