Darum gehts
Von Renée Zellweger (56) in «Bridget Jones – Mad about the Boy» über Julianne Moore (64) in «May December» bis Nicole Kidman (57) in «Baby Girl» – die Kombination ältere Frau und jüngerer Lover ist gerade schwer angesagt. Nicht nur auf der Leinwand. Denn Umfragen suggerieren das Gleiche. So besagt eine der London Metropolitan University, dass Frauen, die mit jüngeren Männern liiert sind, in den Bereichen sexuelle Zufriedenheit, emotionale Intelligenz und subjektives Glück deutlich besser abschneiden als Frauen mit gleichaltrigen oder älteren Partnern. Eine Umfrage erschienen im «Journal of Sex Research» bläst ins gleiche Horn. Verglichen mit ihren Erfahrungen mit Sex mit gleichaltrigen oder älteren Männern können Frauen mit jüngeren Sexualpartnern ihre Wünsche besser kommunizieren und durchsetzen, zudem sei für beide Partner die weibliche Befriedigung wichtiger, schreibt die Autorin des Stückes, Milaine Alarie.
Klar – repräsentativ sind diese Umfragen nicht, das sagen auch ihre Urheberinnen. Dafür ist die Anzahl der Teilnehmerinnen zu gering. Fakt ist denn auch: Während etwa 60 Prozent der Männer jüngere Partnerinnen haben, sind nur gut 13 Prozent der Frauen älter als ihre Partner. Allerdings weist eine neue US-Studie mit über 6’000 Teilnehmenden darauf hin, dass die Kombination älterer Mann und jüngere Frau gar nicht unbedingt in unseren Genen liegt: Sie zeigt, dass bei Blind Dates zunächst beide Geschlechter jüngere Partnerinnen oder Partner bevorzugen. «Da frage ich mich: Verlieben sich jüngere Männer tatsächlich seltener in ältere Frauen und umgekehrt, oder wirkt da nicht vor allem unsere gesellschaftliche Prägung?», sagt die Basler Psychologin und Sexologin Amelie Boehm. Und egal, wie repräsentativ diese Umfragen nun sind oder nicht – es gibt einige Gründe, die für diese Kombination sprechen. Und zwar für beide Geschlechter.
Warum nicht?
Zugegebenermassen ist dies üblicherweise kein echter Grund. In diesem Fall aber schon. «Da wir diesbezüglich sehr «normiert» sind, ziehen viele Frauen jüngere Partner gar nicht in Betracht. Und umgekehrt», sagt Amelie Boehm. «Natürlich braucht es Mut, von der Norm abzuweichen, aber oft lohnt es sich.» Ausserdem könnte man ja die Kombination älterer Mann und jüngere Frau genauso hinterfragen, wir tun es aber viel weniger, so Boehm. Kommt dazu: Menschen, die diesen Mut haben, sind meist auch ausserhalb der Partnerschaft selbstbewusst und mit sich im Reinen. Die Chance, dann auch in einer Partnerschaft glücklich zu sein, ist also hoch.
Weniger Druck, Rollenbilder zu erfüllen
«Eine Frau, die finanziell und emotional unabhängig ist, ist die beste Voraussetzung dafür, dass Paare nicht in Rollenklischees verfallen», sagt Amelie Boehm. Ein Mann, der sich auf eine erfahrene Frau einlässt, weiss von Anfang an, dass hier die klassische Ernährer-Rolle nicht gefragt ist. «Ausserdem», so Boehm, «ist es für manche junge Männer attraktiv, wenn Familienplanung kein dringendes Thema ist.» Wobei hier wohl die grössten Stolpersteine lauern: Je nach Lebensphase könnte bei einer älteren Frau der Kinderwunsch dringender sein als bei einer jüngeren. Oder aber der Mann verspürt ihn dann, wenn die ältere Partnerin mit der Familienplanung definitiv abgeschlossen hat.
Echt guter Sex
Auch wenn sie nicht repräsentativ ist, weist die Umfrage im «Journal of Sex Research» doch darauf hin, dass Frauen mit jüngeren Partnern richtig guten Sex haben. Der Grund dürfte auch hier in den aufgelösten Rollenklischees liegen. Amelie Boehm: «Ein Mann, der sich für eine sexuell erfahrene Frau entscheidet, weiss von Anfang an, dass er ihr nicht um jeden Preis etwas beweisen muss, beziehungsweise das gar nicht kann. Und Frauen fällt es in vielen Fällen leichter, einem Partner mit weniger Erfahrung als sie selbst ihre Wünsche zu kommunizieren.» Letzteres könnte deshalb der Fall sein, weil jüngere Männer im Vergleich zu älteren noch nicht so viele fixe Vorstellungen im Kopf haben. Oder, so die Expertin, «die jüngere Generation ist besser aufgeklärt, kennt sich mit der weiblichen Lust besser aus und ist neugieriger.»
Mehr Wertschätzung
«Männer, die jüngere Frauen bevorzugen, können meist nicht sagen, warum. Ältere Frauen mit jüngeren Partnern sowie jüngere Männer mit älteren Partnerinnen hingegen wissen oft sehr genau, warum diese Kombination sie anspricht», sagt Amelie Boehm. Logisch – wer sich ausserhalb der Norm bewegt, hinterfragt sich eher. Und weiss das «Ungewöhnliche» dann auch mehr zu schätzen. Dies gilt für beide Seiten. Jüngere Männer schätzen Selbstständigkeit und Erfahrung, was ältere Männer im besten Fall einfach als gegeben hinnehmen, im schlimmsten gar kritisieren. Ältere Frauen schätzen Leichtigkeit und Offenheit, was jüngere Frauen auch mal als fehlendes Engagement in der Beziehung auslegen.
Weniger Machtgefälle
In der Theorie wollen viele eine Beziehung auf Augenhöhe. In der Praxis entscheiden sich Frauen meist für (ältere) Männer, die erfolgreicher sind als sie selbst und Männer für (jüngere) Frauen, die weniger verdienen. Auch wenn dieses Machtgefälle selten bewusst so gewählt wird – es existiert. Eine Art, sich ihm zu entziehen, ist, die Altersnorm umzukehren. «Verfügt die Frau über mehr Erfahrung, gleicht sich das Machtgefälle möglicherweise aus, selbst wenn der Mann mehr verdient», sagt Boehm. Eine Umkehr desselben ist selten, so die Expertin. Denn: «Während Männer mit jüngeren Frauen oft Kontrolle suchen – egal, ob bewusst oder unbewusst –, sind Frauen mit jüngeren Männern nicht an Kontrolle interessiert, sondern am Nicht-kontrolliert-Werden.»