An dieser Stelle beschrieb ich bereits einmal, dass man das wahre Ich des Menschen am Flughafen beziehungsweise im Flieger erkennt. Die Quintessenz: Dort leidet er an akutem Mangel an Manieren. Nun muss ich Ihnen leider mitteilen, dass es noch einen Ort gibt, an dem die Leute mit ihrem Benehmen für exzessives Kopfschütteln und kleine Aggressionsattacken beim Beobachtenden sorgen: das Frühstücksbuffet.
Wer möchte, schafft es ganz gut, in einem Hotel den anderen Gästen aus dem Weg zu gehen. Aber beim Frühstück kommt man nicht an ihnen vorbei. Da wäre einerseits der natürliche Hunger, der uns morgens quält, andererseits die Haltung «Ich habe ja schliesslich dafür bezahlt». In diesen Speisesälen – und das weiss man eigentlich, aber Hunger und Gier sind stärker – begegnet einem dann auch jede Façon eines Hotelgastes. Hervorzuheben sind die Beiger und die Bunkerer.
Bei den Beigern sagt man oft, es seien bestimmte Nationen, die ihre Teller üppig beladen, aber auf diese Länder-Klischees wollen wir uns gar nicht einlassen. Der Beiger türmt und türmt alles auf seinen Teller, sodass er seine Beute balancierend zum Tisch bringen muss. Anstatt zu essen, macht er sich erneut auf den Weg und bereitet weitere Teller zu. So sitzt er an einer reich gedeckten Tafel und hat sich quasi sein persön-liches Mini-Buffet geschaffen. Es ist absehbar, dass er nicht mal die Hälfte schaffen wird. Und es bewahrheitet sich. Verlässt er den Tisch, könnten noch zwei Familien essen. So wandert vieles unangetastet in den Müll. Haben diese Leute, als sie klein waren, nie zu hören bekommen: «Schätzchen, iss erst einmal das, du kannst ja später nochmals gehen»?
Die Bunkerer, auch hier, so sagt man, kommen aus einem bestimmten geografischen Gebiet. Sie laden ähnlich viel auf, aber aus Prepper-Gründen. Sie wollen sich mit dem inkludierten Zmorge-Buffet nämlich auch gleich den Zmittag sichern. Da kommt mir eine kleine Anekdote in den Sinn: Frühstücksbuffet in einem fernen Land. Drinnen das Essen, auf der Terrasse die Zmörgeler. Zwei Kinder beobachten, wie eine feine, ältere Dame eine Serviette auf ihrem Schoss ausbreitet, immer wieder von Tisch zu Tisch schaut und gemächlich eine Zimtschnecke nach der anderen einpackt. Mindestens fünf Stück landen innerhalb kürzester Zeit in ihrer Handtasche. Dann geht die Frau wieder ans Buffet, sie will ja schliesslich jetzt auch noch was essen. Eines der Kinder steht auf, holt die Prepper-Ware heraus und breitet die Schnecken wieder auf dem Tisch der Dame aus. Das fassungslose Gesicht des Hotelgastes war gewiss ein Höhepunkt dieser Ferien.
Also wohl am besten doch Frühstück exklusive.