Woher kommt nur all dieser Hass? 500 000 Internet-Kommentare haben Forscher der Universität Zürich untersucht – und fanden eine Flut an Beleidigungen, Beschimpfungen und Drohungen.
Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch ungesund, sagen Ärzte. «Wer ständig feindselig ist, schadet sich selbst», sagt Psychiater und Psychotherapeut Michael Rufer (49) vom Unispital.
Aufgefallen war bei der Studie, wie viele Hasskommentare unter vollem Namen geschrieben werden, nicht etwa verschämt verborgen hinter einem Pseudonym.
«Die Verfasser fühlen sich moralisch im Recht, weil sie empfundenes Fehlverhalten von Politikern oder Unternehmen kritisieren», sagt die politische Psychologin und Soziologin Lea Stahel (29), eine der beteiligten Forscherinnen. «Ihre Kommentare empfinden sie daher als angemessene Reaktion, um einen Missstand zu bekämpfen und andere zu mobilisieren.» Das Risiko, bestraft zu werden, erscheint dagegen sehr klein.
«Es ist allerdings eine Form von Stress, sich dauernd zu ärgern und zu streiten», sagt Rufer. «Typische Folgen sind erhöhter Blutdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.» Wer viel hasst, schadet sich auch indirekt: Mehr Alkohol zur Entlastung und Beruhigung, tendenziell ungesundes Essen.
Kann man Hass einfach abstellen? Rufer erklärt: «Hass ist schon ein sehr starkes Gefühl, das man nicht so schnell loswird – anders als einen flüchtigen Ärger.» Seine Empfehlung: Bei sich selbst nach tieferen Ursachen suchen (zum Beispiel Frust über den eigenen Alltag, Einsamkeit), bei Bedarf auch mit Hilfe eines Therapeuten.
Auch diejenigen, an die sich Hasskommentare richten, leiden: neben konkreten Folgen, etwa einem verlorenen Job oder einem beschädigten Ruf, oft unter einem Gefühl von Hilflosigkeit und sozialer Isolation.
Eine gute Nachricht hat Rufer immerhin: «Es gibt nicht mehr Hass als früher. Aber: die Schwelle, ihn öffentlich zu äussern, hat durch das Internet abgenommen.»