Dania Schiftan
«Sexsüchtige gibt es auch bei uns»

ZÜRICH – Ein Brite schläft sich durch die ganze Stadt und ruiniert sich dabei selber. Diagnose: Sexsucht. Ein Phänomen, das es auch in der Schweiz gibt, wie Sextherapeutin Dania Schiftan weiss.
Publiziert: 15.02.2010 um 14:20 Uhr
|
Aktualisiert: 06.09.2018 um 19:41 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
Von Cilgia Grass

Danny Jones ist 27 – und ein «trockener» Sexaholiker. Der Brite hatte mit über 500 Frauen Sex, bis er sich selber ruinierte (Blick.ch berichtete). Seine Krankheit gibt es auch in der Schweiz. «Ich habe ebenfalls Sexsüchtige in der Praxis», erzählt Dania Schiftan, Therapeutin im Zentrum für interdisziplinäre Sexologie und Medizin (Zismed).

Zu ihren Patientinnen gehört zum Beispiel eine verheiratete Frau, die in einem Jahr 60 Sexpartner hatte, was ihr aber nicht reichte. «Sie war ständig im Stress, weil sie einen neuen Liebhaber finden musste. Dazu kam die Angst, weil sie ihre Ehe aufs Spiel setzte, was sie eigentlich gar nicht wollte.»

Zehnmal Sex am Tag

Schiftan beschreibt den Fluch der Sexsüchtigen folgendermassen: Süchtige haben die Fähigkeit zu Geniessen nicht gelernt. Sie möchten das aber gern und hören darum nicht auf, zu probieren, ob es ihnen gelingt. Sie verwenden dazu aber Mittel: Immer neue sexuelle Reize, schneller Wechsel von Pornoseiten, starke sexuelle Bilder oder Fantasien. Diese Reize machen einen Genuss gar nicht möglich.

Das Resultat ist die ständige Suche nach mehr und ein grosser Leidensdruck. Wenn dieser fehlt, kann man in Schiftans Augen nicht von Sexsucht sprechen: «Zehnmal am Tag Sex zu wollen muss nicht krankhaft sein. Erst wenn das Leiden dazu kommt, hat man ein Problem.»

Suchtkrankheit

Überhaupt funktioniert die Sexsucht wie jede andere Sucht auch. Sie haben, genau wie bei anderen Verhaltenssüchten (z.B. Spielsucht) auch, mit der dauernden sexuellen Erregung ein Mittel gefunden, ihre Stimmung zu regeln, wie die Sehnsucht nach Ruhe und Geborgenheit. Einen Ausweg aus einer solchen Verhaltenssucht gibt es, wenn diese Menschen lernen, noch weitere Möglichkeiten zum Regeln der eigenen Stimmung zu lernen und die sexuelle Erregung zu geniessen, so Schiftan.

Bei Dania Schiftan lernen Sexsüchtige auch ganz konkrete Massnahmen kennen, mit denen der Suchtkreislauf unterbrochen werden kann. Wenn es einen überkommt, helfen zum Beispiel joggen, jemanden anrufen oder die sprichwörtliche kalte Dusche. «Damit spüren die Betroffenen ihren Körper auf andere Weise als durch Sex und können so ihre Anspannung loslassen», so Schiftan.

Lernen, dass Sex befriedigend sein kann

Gearbeitet wird auch an der Selbstakzeptanz und am Genuss. Denn Sexsüchtige können lernen, dass Sex befriedigend sein, also etwas hergeben kann. Erreicht wird das mit einem Genuss-Training. Dania Schiftan: «Es ist so, wie wenn man Schoggi im Mund schmelzen lässt und dabei zu spüren versucht, wie sie genau schmeckt, was sie für eine Konsistenz hat, was für eine Temperatur. Nur dass man dabei zum Beispiel mit dem Penis arbeitet. Ihn in Hand hält und ihn auf diese Weise erspürt.»

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Weitere Hilfe für Sexsüchtige
Anonyme Sexaholiker Schweiz
Treffen: dienstags um 20 Uhr in Bern, freitags um 19.30 Uhr in Chur
as.schweiz@gmail.com
www.as-schweiz.ch
Anonyme Sexaholiker Schweiz
Treffen: dienstags um 20 Uhr in Bern, freitags um 19.30 Uhr in Chur
as.schweiz@gmail.com
www.as-schweiz.ch
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?